Sudan

Mittwoch, 23.03.2011 – Gallabat

Wir fahren über die kleine Brücke, die über den trockenen Grenzfluss führt und kommen zur sudanesischen Immigration. Hier können wir unseren Wunsch, erst mal zu schlafen und dann morgen einzureisen, auch nicht an den Mann bringen und sind, schwupps, in den Sudan eingereist. Na ja, wenigstens wir zwei, denn bei Obelix und Asterix wird es etwas komplizierter. Der junge Beamte schreibt zwar Formulare wie verrückt, aber als er um sieben Uhr damit fertig ist, ist der Vorgesetzte, der Gebühren einziehen und den Papierstapel visieren muss, beim Beten. Nach einer halben Stunde vergeblichen Wartens meint der Zöllner, dass die Einfuhr unserer zwei Fahrzeuge wohl erst morgen zu Ende gebracht werden kann. Macht nichts, wir wollten ja sowieso an der Grenze übernachten. So parkieren wir im Hof des Zolls und machen uns bei einem Bier über den von Isabella während der Wartezeit bereiteten Salat Matmata her. Das ist genau das Richtige bei dieser Hitze. Kaum sind wir mit unserem Abendessen fertig, klopft es an unser Haus. Der zeichnungsberechtigte Chef ist nun doch noch aufgetaucht und nach einer halben Stunde sind auch Obelix und Asterix in den Sudan eingereist. Kontrollen gibt es keine, so dass wir wohl auch morgen wieder ein Bier geniessen können, obwohl Alkohol im Sudan eigentlich strikt verboten ist. Wir könnten jetzt fahren, aber wir bleiben auf dem Zollhof stehen, denn es ist natürlich längst dunkel geworden. Isabella schuftet wie verrückt weiter in der heissen Küche, sie bereitet bereits Teile der nächsten zwei Nachtessen vor. Es dürfte eine ungemütliche Nacht werden, denn drinnen ist die Temperatur immer noch deutlich über 30 Grad als wir schlafen gehen.

Donnerstag, 24.03.2011 – Migreh

Um viertel vor sechs Uhr klopft es. Ein Lastwagenfahrer möchte mit seinem LKW gerne aus dem Hof fahren, aber wir stehen genau vor der Ausfahrt. Wir verschieben uns aus dem Zollhof in eine Seitengasse und trinken dort unseren Kaffee. Der Typ, der uns gestern ungefragt durch den Zoll geholfen hat taucht wieder auf und insistiert, dass er von uns noch Geld zugut hat. Das ergibt natürlich wieder einmal eine unergiebige Diskussion und einen schalen Nachgeschmack zu Äthiopien. Thomas geht dann die sogenannte Security suchen, in der Hoffnung, dass wir uns dort registrieren lassen können. Damit könnten wir uns das Prozedere in Khartoum dann ersparen. Ein freundlicher Beamter taucht um acht Uhr auf und schreibt uns in ein Formular ein. Es kostet nichts und es gibt keinen Stempel in den Pass, was nichts anderes heisst, als dass dieser Versuch misslungen ist. Wir verlassen Gallabat und fahren einige Kilometer bis wir uns neben die Strasse stellen und endlich unser Frühstück nachholen. Es wird rasch warm und um zehn Uhr meldet Obelix schon über 35 Grad. Hier nahe der Grenze stehen entlang der Strasse alle paar Kilometer Armeeposten mit aufgebautem Maschinengewehr und eingelegtem Patronengurt. Auch Kontrollpunkte gibt es ab und zu, aber wir werden durchgewunken. Was uns aber am meisten wundert sind die vielen toten Kühe die am Strassenrand liegen. Die Landschaft ist nach Äthiopien alles andere als spannend, dafür kommen wir gut voran. Eingangs Gedaref, das wir westlich umfahren, werden zum ersten Mal unsere Pässe kontrolliert, und Ausgangs der Stadt, die eher einem grossen Lehmhüttendorf gleicht, müssen wir eine Strassengebühr, wenn wir das richtig verstanden haben, bezahlen. Ab Gedaref ist die Strasse eher schlechter, sie ist wohl schon etwas älter und auch stärker befahren. Um zwei Uhr, nach rund 250km Fahrt, bemerkt Thomas, dass Obelix plötzlich zu schlingern beginnt. Das kann nur etwas heissen: Ein platter Reifen, und das auf Asphalt! Als wir stehen und sich Thomas das Malheur anschaut stinkt es nach verbranntem Gummi und es raucht. Isabella hält schon mal den Feuerlöscher bereit, denn einen Brand brauchen wir jetzt wirklich nicht. Eigentlich hatten wir erwartet, mit Äthiopien auch die schlechten Strassen, respektive Pisten hinter uns gelassen zu haben und mit einem Reifenschaden auf Teer hatten wir wahrlich nicht gerechnet. Wir machen uns daran das rechte Hinterrad zu wechseln, aber wir müssen bald einsehen, dass wir ein Problem haben. Der Wagenheber hat wohl Öl verloren und bringt nur noch einen Hub von wenigen Zentimetern zustande. Das ist viel zu wenig um das Rad, das auf der Felge steht, anzuheben und auch mit der Hilfe von Holzklötzen kommen wir nirgends hin. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder einen intakten Wagenheber organisieren, oder auf dem Kiesseitenstreifen den Reifen untergraben. Wir versuchen unser Glück mit dem Wagenheber und nach einiger Zeit hält ein Lastwagenfahrer, der einer dieser sudanesischen Monsterlastzüge fährt, an. Er hat ein etwas anderes Kaliber von Wagenheber als wir, aber er hat ja schliesslich auch 26 Reifen als potentielle Kunden. Er legt sich sogar selber unter Obelix um die Hinterachse anzuheben und dann ist der Reifenwechsel auch ziemlich schnell erledigt. Wir sind natürlich überglücklich über unseren freundlichen und bescheidenen Helfer, der ohne Belohnung weiter will. Wir müssen ihm ein Paar nagelneue Schutzhandschuhe und eine Flasche Mineralwasser beinahe aufdrängen. Um halb sieben Uhr ist alles wieder zusammengepackt und versorgt, und wir fahren nur noch drei Kilometer um dann in eine kleine, abgehende Piste einzubiegen, um uns ausser Sichtweite der Strasse zwischen Dornenbüschen für die Nacht hinzustellen. Wir sind geschafft, was angesichts der Arbeit in der über vierziggrädigen Hitze des Nachmittags auch kein Wunder ist. Gegen den Durst gönnen wir uns, nachdem wir heute schon vier Liter Tee getrunken haben, eine grosse Büchse Bier. Zum Glück hat Isabella gestern vorgekocht, so dass wir heute für einen gebratenen Reis mit Gemüse nicht mehr so viel Arbeit haben. Natürlich erstellen wir für die Nacht Abfahrtbereitschaft, denn Buschcamp bleibt Buschcamp, auch wenn wir eigentlich reif fürs Bett wären.

Freitag, 25.03.2011 – Khartoum

Wir verbringen eine ruhige Nacht, wahrscheinlich auch weil wir so müde waren. Wir schlafen ungestört bis um acht Uhr, was uns ganz ordentlich gefällt. Nach dem Frühstück, das heute mangels Brot aus Corn Flakes und Bananen besteht, haben wir noch einiges zu tun bevor wir fahren können. Als erstes kontrollieren wir mit dem Drehmomentschlüssel nochmals den richtigen Sitz der Radmuttern, dann prüfen wir, ob der Reifen auch genug Druck hat. Wir kriegen aber mit dem Druckluftmesser keine Anzeige, denn mit der Ventilverlängerung scheint etwas nicht zu stimmen. Wir wechseln diese aus, womit das Problem zwar nicht ganz verschwindet, wir aber zumindest sehen, dass wir genug Luft im Reifen haben. Nachdem wir auch noch unsere Schmutzwassertanks geleert haben, deren Inhalte in Kürze in Gängen des untergrabenen Standplatzes verschwinden, geht es um elf Uhr los. Zuerst tuckern wir vorsichtig mit 40km/h über den Teer, denn schliesslich fahren wir nun mit der Felge, die wir in Namibia zweimal schweissen lassen mussten. Alle halbe Stunden halten wir an um nachzusehen ob die Schweissnaht hält, was zu unserer Erleichterung der Fall zu sein scheint. Die Landschaft ist, abgesehen von einem Hügelzug, dem wir seiner ganzen Länge nach folgen, absolut flach und oft erstrecken sich die Hirsefelder von Horizont zu Horizont. Es erinnert uns stark an Mali, auf dessen geographischer Breit wir inzwischen ja auch wieder angekommen sind. Heute ist es sehr windig, oft wird Sand quer über die Strasse geblasen und die Sonne ist hinter dem Sand- und Staubschleier fast nicht zu sehen. Dafür wird es auch nicht ganz so heiss, das Thermometer erreicht heute keine 40 Grad. Nach gut drei Stunden kommen wir nach Wad Medani, wo wir den Blauen Nil, den wir zuletzt in Äthiopien gesehen haben, überqueren. Von da an folgen wir dem Fluss Richtung Khartoum, ohne ihn allerdings oft zu sehen. Der Verkehr ist recht dicht, es sind viele Busse unterwegs, aber auch erstaunlich viele Privatautos, etwas, das einem in Äthiopien fast nie begegnet. Dafür stehen sie hier in Sachen Überholmanöver den Kenianern in nichts nach. Meistens passt es ja, wir sehen nur zwei oder drei Wracks von Frontalzusammenstössen am Strassenrand stehen. An den Zahlstellen werden wir heute erstaunlicherweise immer durchgewunken, vielleicht liegt es wieder einmal an unserem “Roten Kreuz“ vorne am Fahrerhaus. Knapp zwanzig Kilometer vor dem Stadtzentrum stellen wir uns hinter ein paar Lastzüge, die da parkiert sind, um die Nacht zu verbringen. Es geht schon wieder gegen Sonnenuntergang und wir machen uns, wenn auch nicht sofort, so aber doch nach dem verdienten, kühlen Bier, hinter unseren Znacht. Da Isabella vorgestern ja Krautstiel blanchiert hat ist klar, dass Capuns auf dem Menuplan steht. Diesmal kommen anstelle von Landjägern Cabanossi in den Teig. Wir sind vom Resultat so angetan, das wir den Schmaus viel zu schnell verschlingen, was fast ein bisschen schade ist.

Samstag, 26.03.2011 – Khartoum

Um halb drei Uhr in der Nacht fährt der Sattelschlepper, der uns so schön abgeschirmt hat, weg. Wir schlafen danach trotzdem gut weiter, nicht zuletzt, weil es erstaunlich abkühlt. Am Morgen kriechen wir sogar gerne ein wenig unter die Daunendecke, was kein Wunder ist, denn draussen ist es gerade noch knapp 20 Grad warm. Wir trinken nur einen Kaffee und nehmen uns vor, später etwas zu essen. Als wir losfahren sehen wir, dass zwei Wächter auf ihren Pritschen sitzen, und sie möchten nun gerne einen kleinen Obolus. Wir geben ihnen gerne unsere kleinste Note die wir im Moment besitzen, auch wenn fünf sudanesische Pfund, rund anderthalb Franken, eigentlich etwas viel ist. Wir fahren zur Afra Mall, dem gemäss unserem Reiseführer einzigen Einkaufszentrum in der Hauptstadt. Der Parkplatz ist fast leer und die meisten Geschäfte sind geschlossen, was uns etwas erstaunt, denn am islamischen Wochenende, also Freitag und Samstag, soll hier besonders viel Betrieb herrschen. Wir wechseln in einem der vielen Geldwechselbüros Euro in Pfund, kaufen im grossen Supermarkt einiges ein, und gönnen uns dann im italienischen Café ein teures Frühstück. Der Witz daran ist, dass der Kaffee fast ungeniessbar ist. Wir besorgen uns eine lokale SIM-Karte, womit wir auch hier wieder drahtlosen Zugriff ins Internet haben. Dazu ist es bei MTN erst noch günstig wie nie: Dank einer Aktion können wir für rund zwanzig Rappen pro Tag unbegrenzt Daten rauf- und runterladen. Inzwischen sind alle Läden offen und der grosse Parkplatz vor dem Eingang prallvoll. Wir waren wohl für einmal einfach etwas früh dran. Wir machen uns noch auf die Suche nach weiteren Supermärkten, was gar nicht so einfach ist. Schliesslich finden wir den Al Amarat 2 Supermarkt im neuen Stadtteil Riyadh östlich des Flughafens, der eine rechte Auswahl an Importwaren und im ersten Stock eine schöne Frischprodukteabteilung führt. Dann geht’s nordwärts quer durch die Stadt bis ans Ufer des blauen Nil, wo sich der Blue Nile Sailing Club befindet. Hier kann man mitten in der Stadt für teure 20 US$ auf dem Parkplatz campieren. Der Sanitärblock sieht gelinde gesagt nicht gerade frisch geputzt aus, aber alles was wir wollen ist eine Dusche. Zuerst gibt’s aber noch etwas zu tun. Der Ablauf unseres Lavabos im Bad ist verstopft, so dass eine Siphonreinigung angesagt ist. Dafür muss Isabella erst den unter dem Lavabo liegenden Schrank räumen, eine ihrer Lieblingsarbeiten... Es stellt sich dann heraus, dass nicht nur der Siphon verstopft ist, sondern mehr oder weniger die ganzen Abflussrohre. Immerhin hilft die Reinigung, und wenn der Schrank schon mal leer ist, dann nehmen wir uns auch gleich wieder einmal die Pumpe zum Umpumpen des Grauwassers in den Fäkalientank vor, da die nicht mehr richtig will. Der Testlauf nach dem Ausbau ergibt keine neuen Erkenntnisse, denn sie pumpt tadellos. So bauen wir sie halt wieder ein und hoffen, inshallah, dass sie einfach wieder funktioniert. Nach der Dusche ist es Zeit fürs Kochen. Wir haben im zweiten Supermarkt schönes Hackfleisch gefunden und so gibt es den ewigen Klassiker “Gehacktes und Hörnli“, natürlich mit einem Tomatensalat. Anschliessend geht Isabella auf einen Schwatz zu unseren “ewigen Begleitern“, dem Engländer Paul und der Australierin Tanya, die wir zuletzt in Gorgora gesehen haben und die heute abend kurz vor dem Eindunkeln nach einer langen Fahrt von Gedaref hierher eingetroffen sind.

Sonntag, 27.03.2011 – Khartoum

Heute ist also Sonntag, doch da der Sudan ein islamisches Land ist, ist trotzdem Werktag. Wir wollen heute einiges erledigen, schaffen es aber wieder einmal nicht vor Mittag wegzukommen. Als erstes wollen wir die nötige Registrierung hinter uns bringen. Für die Lokalität, an der das passieren soll, haben wir zwei Wegpunkte in unserem GPS und der Manager des Segelclubs steuert noch einen dritten Ort bei, den er auf der Karte unseres Reiseführers allerdings nicht so genau zeigen kann. Im Internet finden wir auch keine aktuelleren Informationen und steuern einfach einmal den nach Thomas’ Gefühl vielversprechendsten Punkt an. Dort findet sich zwar ein Amt des “Alien Department“, aber der richtig Ort ist es trotzdem nicht. Freundlicherweise nimmt uns ein Mann ins Schlepptau, dessen Auto wir quer durch die Stadt südwärts folgen, bis wir tatsächlich an der richtigen Adresse, gar nicht weit von der Afra Shopping Mall entfernt, anlangen. Hier (N15°33.550 E32°32.233) hätten wir selber sicher nie gesucht. Als erstes landen wir bei einem der zahlreichen Männer mit einem grossen Kopierapparat, der uns die benötigten Seiten aus den Pässen kopiert und uns das Formular in arabischer Schrift ausfüllt. Für diesen Service verlangt er 10 Pfund. Es ginge wahrscheinlich auch ohne ihn, aber so haben wir zumindest einen Anfangspunkt gefunden um in den undurchschaubaren Prozess einzusteigen. In einem anderen Raum mit Schaltern, die alle nur in arabischer Sprache angeschrieben sind geht es weiter. Wir reichen unsere Pässe mit den Unterlagen einfach durch dasselbe Fenster wie alle anderen. Irgendwie gibt man uns zu verstehen, dass wir an einem anderen Schalter erst noch je eine Marke von zehn Pfund kaufen müssen, denn nur mit dieser Marke geschmückte Formulare werden bearbeitet. Dann bezahlen wir die eigentliche Registrierungsgebühr von je 100 Pfund und nach etlichem Hin- und Hergeschiebe unserer Pässe sind wir nach rund eineinhalb Stunden glückliche, weil erfolgreich registrierte Ausländer. Für was das ganze gut sein soll ist uns absolut schleierhaft, denn in wenigen Tagen werden wir das Land ja bereits wieder verlassen. Als nächstes wollen wir zu MAN fahren, weil wir uns dort Hilfe für unsere Probleme rund um unseren Obelix erhoffen. Thomas’ Versuch, den am Morgen von einem Angestellten erklärten Standort selbst zu finden scheitert kläglich. So fahren wir zur Afra Mall und rufen nochmals MAN an. Die erklären uns, dass sie in einer halben Stunde Arbeitsschluss haben, helfen uns aber trotzdem sie zu finden. Ein Angestellter wurde offensichtlich dazu verdonnert auf uns zu warten, empfängt uns aber ausgesprochen freundlich. Heute gibt es nicht mehr viel zu tun, einzig der Wagenheber wird noch kurz unter die Lupe genommen und für defekt erklärt. Morgen wollen sie uns zu einem Reifenladen bringen und der Elektriker will sogar unseren defekten Wandler anschauen, ob sich der eventuell reparieren liesse. Hoffnung, in Khartoum ein kleines Gerät als temporären Ersatz zu finden machen sie uns nicht. Wir dürfen uns für die Nacht mit der grössten Selbstverständlichkeit irgendwo auf dem Gelände hinstellen und über Nacht in ihrem Büro unseren Kameraakku laden. In unserem Kühlschrank liegen noch Spätzli die heute gebraten werden. Dazu macht Isabella eine so feine Champignonrahmsauce, dass wir das Fleisch dazu überhaupt nicht vermissen. Wenigstens bis morgen...

Montag, 28.03.2011 – Khartoum

Heute geht wieder einmal der Wecker damit wir auch auf sind, wenn der Betrieb hier losgeht. Zuerst bauen wir den Konverter aus, damit sie sich an einer Reparatur versuchen können. Dann werden wir zum Reifenflicker gelotst, einem kleinen Betrieb der einer Tankstelle angegliedert ist. Es geht typisch afrikanisch zu und her: Nachdem unser defekter Reifen demontiert ist liegen die drei Teile der Felge vor dem Betrieb verteilt, die eigentliche Felge direkt vor dem Eingang, jeden der hinein will behindernd. Das Loch in der Lauffläche ist schnell gefunden, die Luft tritt an zwei Stellen aus. Auf der Innenseite entpuppt sich das ganze als gut zehn Zentimeter langer Schnitt und wir zweifeln, ob der noch ziemlich neue Pneu mit erst 13’000km Laufleistung wirklich geflickt werden kann. Inzwischen zügeln wir Obelix in die Waschbox der Tankstelle, denn er soll endlich die schon lange fällige Reinigung bekommen. Beim Reifen tut sich zunächst nicht mehr viel, aber schliesslich zaubern sie zwei grosse Rema Tip-Top Flicken hervor, mit denen der Reifen gerettet werden kann. Mit der Reparatur beginnen sie erst, nachdem wir zusichern, das teure Teil aus Deutschland auch zu bezahlen. Auch die Wäsche ist nicht ganz billig und jeder erwartet noch ein Trinkgeld, aber schliesslich strahlt Obelix wieder und das Chassis scheint sogar mit Diesel behandelt worden zu sein. Der reparierte Reifen wird wieder an seinen gehörigen Platz, nämlich hinten rechts, montiert. Dann gilt es noch das Ersatzrad wieder an seinen Platz an der Rückwand zu hieven, eine immer wieder mühsame Angelegenheit. Doch hier haben sie einen kleinen, mobilen Kran, den wir mit dem Einverständnis des jungen, enthusiastischen Chefs benützen können. So ist es natürlich ein Kinderspiel und es geht erst noch nichts kaputt. Zweimal werden wir hier an der Tankstelle zum Tee eingeladen, eine durchaus übliche Angewohnheit der gastfreundlichen Sudanesen. Nach viereinhalb Stunden verlassen wir die Tankstelle und begeben uns zur Afra Shopping Mall um noch mehr Geld zu wechseln und einige wenige Sachen einzukaufen. Wir sind kurz nach Feierabend zurück bei MAN, aber es sind noch einige Leute hier, denn unser Umformer ist repariert und soll getestet werden. Leider verläuft der Test negativ, im Gerät muss es wohl sonst noch irgendwo einen Fehler geben. Man bietet uns an, mit dem Elektroniker in die Stadt zu fahren, um uns nach einem kleinen Ersatz umzusehen. Im Laden den wir ansteuern heisst es, dass sie für solche Geräte einen Reparaturservice anbieten. Den wollen wir morgen noch ausprobieren und bis dahin den Kauf eines Gerätes aufschieben. Zurück beim MGD versorgt Thomas den Konverter in unserem Technikstauraum und plötzlich beginnt wie von Geisterhand der Anlasser kurz zu drehen und es beginnt fürchterlich zu rauchen und zu stinken. Das passiert zwei drei Mal und der Torwächter eilt schon mit einem Feuerlöscher herbei. Schliesslich beruhigt sich das Geschehen wieder, aber etwas ist hier ganz und gar nicht in Ordnung. Wir kippen das Fahrerhaus und entdecken, dass einige Kabel total verschmort sind. Na toll! Irgendwie muss es wohl einen Kurzschluss gegeben haben und der Verdacht liegt nahe, dass den wohl Thomas verursacht haben muss. Heute passiert aber nichts mehr, die Leute von MAN wollen sich der Sache morgen annehmen. Das hätten wir nun wirklich nicht gebraucht und wir fragen uns, wie lange wir wohl noch in Khartoum sein werden bis der Schaden behoben ist. Isabella war während des Vorfalls in der Küche an der Arbeit und macht, nachdem sie sicher ist, dass unser Haus nicht abbrennt, tapfer weiter. Sie kocht mit dem heute gekauften Poulet ein “sweet and sour chicken“, das uns wenigstens wieder etwas aufstellt.

Dienstag, 29.03.2011 – Khartoum

Obwohl es gestern abend noch sehr warm war wird es gegen den Morgen hin doch recht kühl. Für Isabella so kühl, dass sie sich wahrscheinlich sogar erkältet hat. Wir starten mit einem Kaffee und harren der Dinge, die geschehen sollen. Die Elektriker beginnen sich schon bald unseres verschmorten Kabelstranges anzunehmen. Sie haben keinen Ersatz an Lager und müssen ihn mit gebrauchten Kabeln wieder in Stand setzen. Wenn das nur gut geht... Inzwischen schauen wir uns wieder einmal ein paar hundert Fotos von Äthiopien an, langweilig wird uns nicht. Isabella hat noch weiter am Laptop zu tun und Thomas befestigt den linken, hinteren Schmutzfänger neu, der uns langsam zu verlassen droht. Als Thomas sich im Büro wieder einmal nach dem Stand der Dinge erkundigt steht auf dem Tisch der Umformer und daneben ein kleines Päckchen. Damit ist klar, dass auch der externe Reparaturservice das Gerät nicht reparieren konnte und wir jetzt mit dem kleinen Ersatz auskommen müssen. Als wir das fünfzig Franken teure Kästchen bezahlen wollen, heisst es nur, das sei ein Geschenk des Managers. Wir schlucken nur leer und fragen uns, wie wir es dem guten Mann wohl danken können. Schliesslich geht dieser heisse Tag langsam aber sicher zu Ende, ohne dass die Elektriker ganz fertig werden, obwohl sie bis Sonnenuntergang arbeiten. Weil wir auch noch keinen Ersatz für unseren Wagenheber haben wird langsam klar, dass wir wohl noch einen Tag hier sein werden und dass unsere Zeit für die Fahrt nach Wadi Halfa immer weniger wird. Isabella kocht ganz allein ein Gemüsecurry, während Thomas draussen mit Isaias, unserem Ansprechpartner plaudert. Das nennt Mann Arbeitsteilung...

Mittwoch, 30.03.2011 – Khartoum

Bei Isabella ist die Erkältung nun voll eingefahren, sie kann kaum mehr sprechen und ihr Hals schmerzt beim Schlucken. So bleibt sie erst einmal im Bett während Thomas hinter seinen Laptop sitzt. Draussen sind die Elektriker wieder an der Arbeit und bis am späteren Vormittag sind sie fertig. Aber dann geht eine Stunde lang nichts mehr und wir müssen nachfragen, was denn jetzt los ist. Die offizielle Erklärung lautet, dass sie sich nicht getraut hätten, uns drinnen zu stören. Wie auch immer, das Starten des Motors verläuft erfolgreich, sie scheinen den Kabelstrang also wieder richtig zusammengeschustert zu haben. Das grösste Problem ist nun der Wagenheber, sie finden einfach keinen Ersatz. Deshalb versuchen sie den alten doch noch zu reparieren, allerdings erfolglos. Da der Manager denkt, dass wir heute noch losfahren wollen kommt er kurz vorbei. Er erklärt uns, dass sie uns keine Rechnung stellen werden und falls wir auf dem Weg nach Wadi Halfa irgendwelche Probleme haben sollten, wir einfach anrufen sollen. Sie würden uns dann helfen. So einfach geht das. Irgendwann steht dann ein neuer 20t Wagenheber da, ein doppelt so starkes Teil wie unser bisheriges. Wir getrauen uns schon fast nicht mehr nach dessen Preis zu fragen, aber auch dieses Teil wird uns einfach geschenkt! Mitten am Nachmittag gehen wir auf eine Testfahrt, denn wir wollen heute noch einkaufen und tanken damit wir morgen Khartoum zügig verlassen können. Isaias lotst uns aber zuerst noch zu einem Autozubehör-Shop. Dort lassen wir uns eine fast transparente Folie auf das zersplitterte Solarpaneelglas kleben, damit bei Regen kein oder nur ganz minim Wasser eindringen kann. In der Afra Shopping Mall finden wir sogar ein UBS-Verlängerungskabel, mit dem wir unser vorhandenes, das uns mit seinen Steckerkontakten Ärger macht, ersetzen können. Auf der Rückfahrt füllen wir den Dieseltank mit dem tieferen Pegelstand und bezahlen für einen Liter knapp 45 Rappen, den niedrigsten Preis auf unserer gesamten bisherigen Reise. Es geht gegen halb sieben Uhr als wir zurück bei Neilan Motors sind und wir haben noch einiges vor. Wir füllen beide Wassertanks und hängen uns ans Stromnetz um zu schauen, ob dieser Teil unserer Elektrik auch noch funktioniert. Da kann man natürlich auch gleich noch Staubsaugen und den Boden feucht aufnehmen... Wir hätten zwar jetzt wieder Fleisch im Kühlschrank, aber angesichts der schon fortgeschrittenen Stunde begnügen wir uns mit einem griechischen Salat. Isabella haben die Aktivitäten in der zweiten Tageshälfte nicht wirklich gut getan, denn als sie sich schlafen legt hat sie leicht Fieber. Hoffen wir, dass ihr der nächtliche Schlaf gut tut, damit wir morgen fahren können.

Donnerstag, 31.03.2011 – Khartoum

Das war dann wohl nichts mit dem Fieber lindernden Schlaf. Ganz im Gegenteil, Isabella hat nun fast 38 Grad Fieber, für sie eine ziemlich hohe Temperatur. So können wir nicht reisen, soviel ist klar. Isaias fährt Thomas zu einer Apotheke, damit wir gegen Isabellas schlimmen Husten einen Sirup kaufen können. Den Rest des Tages ruht Isabella schwitzend im Bett, denn die Tagestemperatur steigt auch heute auf über 35 Grad Celsius. Thomas schreibt ein paar Mails und füttert Isabella ab und zu mit ein paar Brötchen. Am Abend ist das Fieber nur noch leichte Temperatur und Isabellas Stimme wieder deutlicher vernehmbar. Richtig Hunger hat sie aber noch keinen, so dass sich Thomas alleine an einem uralten Fertiggericht schadlos hält.

Freitag, 01.04.2011 – Khartoum

In unserem Sudan-Reiseführer steht, dass Khartoum früher einmal der grösste Wartesaal der Welt genannt wurde. Für uns scheint die Stadt diesen Titel immer noch zu tragen. Der Fiebermesser zeigt bei Isabella weiterhin Temperatur und sie fühlt sich auch nicht besonders reisefreudig. Das heisst, dass wir auch heute noch hier bleiben. Heute wird bei MAN nicht gearbeitet. Es bleibt schön ruhig, weil der Generator um acht Uhr nicht angeworfen wird und niemand Bremsproben auf dem grossen Innenhof veranstaltet. Isabella würde gerne aufstehen, aber Thomas lässt nicht mit sich diskutieren, sie muss im Bett bleiben. Heute erleben wir den bisher heissesten Tag in Khartoum, im MGD wird es über 38 Grad warm. Es geht ein Wind wie ein Föhn und die Luft ist extrem trocken. Das wären eigentlich optimale Bedingungen um zu waschen, abgesehen davon, dass es heute niemanden stört, wenn wir zwischen den Lastwagen eine Wöschhänki machen. Thomas weiss, dass sich noch nicht so viel Wäsche angehäuft hat und der Aufwand darum absehbar ist. Die aufgehängte Wäsche trocknet wirklich extrem schnell, schneller als er waschen kann. Isabella sind die Brötchen verleidet, sie möchte wieder einmal etwas rechtes essen. Darum lässt sie sich auch von Thomas nicht aus der Küche scheuchen. Wir haben Gehacktes gekauft und zur Abwechslung gibt es dieses für einmal nicht mit Hörnli, sondern mit Reis gemischt und in Peperoni gefüllt.

Samstag, 02.04.2011 – Debba

Für die Arbeiter ist es ein kurzes Wochenende, denn heute wird der Generator wieder angeworfen und es wird gearbeitet. Isabella hat kein Fieber mehr, darum können wir heute endlich weiterziehen. Wir verabschieden uns von den Leuten von Neilan Motors, die sich uns gegenüber so grosszügig und gastfreundlich gezeigt haben. Leider ist für uns die verbleibende Zeit, die unser Visum noch gültig ist, zu knapp, um die interessantere Route über Meroe, Atbara und Karima zu fahren. Dort gäbe es einige historische Stätten zu besuchen, die zwar nicht ganz so berühmt und eindrücklich wie die in Ägypten, dafür aber auch weniger überlaufen sind. Unser Ziel ist es nun, in drei Tagen auf direktem Weg nach Wadi Halfa am Nassersee zu gelangen. Zuerst fahren wir aber mal zu einer Apotheke um mehr Hustensirup zu kaufen und dann zum El Amarat 2 Supermarkt. Zu unserer Enttäuschung gibt es dort heute keine von den knusprigen Baguettes, dafür können wir immerhin noch ein paar Erdbeerjoghurt einpacken. Wir fahren ein letztes Mal quer durch Khartoum und überqueren den Weissen Nil kurz vor dem Zusammenfluss mit dem Blauen Nil. Auf der anderen Seite des grossen Flusses liegt Omdurman, in dem der grösste Souk des Sudans liegt. Wir fahren diesem permanenten Markt entlang und es herrscht ziemlicher Trubel, auch auf der Strasse. Wir müssen mit Obelix aufpassen wie die Häftlimacher, damit wir keinen Fussgänger und keinen Minibus mitnehmen. Irgendwann lassen wir den Grossraum Khartoum doch hinter uns und der Verkehr wird dünner. Entlang der Strasse stehen aber immer noch und immer wieder kleine Siedlungen, obwohl die Landschaft schon sehr wüstenhaft ist. Die Strasse ist perfekt und trotzdem fahren wir nur mit wenig mehr als 60km/h, denn wir wollen die Reifen bei 40 Grad Lufttemperatur nicht zu sehr strapazieren. Schliesslich sind wir ganz in der Wüste und treffen nur noch selten auf Behausungen. Obwohl die klassischen Sicheldünen fehlen kann man durchaus von einer Sandwüste sprechen. Isabella gefällts auf jeden Fall, vor allem die Farben. So geht es mehrere Stunden weiter bis wir bei Abu Dom den vereinigten Nil wieder erreichen, der zwischen Khartoum und hier ein mehrere hundert Kilometer langes S in die Wüste gelegt hat. Den Fluss sehen wir nie, aber das grüne Band, das ihn begleitet ist unübersehbar. Wir haben heute schon 350km hinter uns gebracht und es ist Zeit ein Nachtlager zu suchen. Allerdings ist es hier dem Nil entlang ziemlich dicht besiedelt und deshalb gar nicht so einfach, einen Schlafplatz zu finden. Bei Debba biegen wir in eine Teerstrasse ein die südwärts führt, aber schon nach wenigen hundert Metern einfach aufhört. Eine Piste führt weiter zum Flugplatz des Ortes, an dem wir aber auch kein Interesse haben. So fahren wir einfach quersandein weiter, bis wir einen geeigneten Flecken finden um uns hinzustellen. Wir sind zwar nicht ganz ausserhalb der Sichtweite des Flugplatzes, dort scheint aber nicht sehr viel los zu sein und niemand interessiert sich für uns. Unsere vollen Abwassertanks leeren wir in eine grosse Sandgrube, die Thomas zuvor rasch ausgehoben hat. Trotz der neulichen Demontage funktioniert die Abwasserpumpe, die das Grauwasser in den Fäkalientank pumpen soll, immer noch nicht. Derweil beginnt Isabella drinnen bei 37 Grad Hacktätschli zu machen und es wird acht Uhr bis wir diese Leckerei an der bewährten grüner Pfeffersauce zusammen mit Krawättli geniessen können.

Sonntag, 03.04.2011 – Kuyamatto

Wir haben keine sehr ruhige Nacht. Das liegt aber nur an uns, denn Isabellas Erkältung ist noch nicht ganz weg und auch Thomas plagt sich nun mit einer herum. Jetzt, da es noch einiges kühler ist, möchte Isabella gerne die Gerichte für die nächsten beiden Abende vorbereiten, damit wir uns nicht wieder bei 38 Grad in der Küche quälen müssen. So sind wir bis um zehn Uhr beschäftigt, bevor wir unser Frühstück machen, heute Egg-in-a-hole-toasts. Nachdem alles abgewaschen und zusammengeräumt ist starten wir kurz nach halb zwölf Uhr den ersten Versuch, aus dem Sand, in den wir uns gestern abend noch leicht eingegraben haben, wieder rauszukommen. Mit Untersetzung und möglichst wenig Kraft an den Rädern versuchen wir auf unsere alte Spur zu steigen und es klappt. Wir sind froh, denn sonst hätten wir für das Luftablassen und anschliessende Wiederaufpumpen der Pneus mindestens eine halbe Stunde verbraten. Es geht weiter alles dem Nil nach, doch wir sehen den Strom auch jetzt bis ins 160km entfernte Dongola nie. Die neue Strasse wird immer in etwa zwei bis drei Kilometer Distanz zum Fluss gehalten, d.h. rechts liegen Siedlungen und bebaute Felder, links die Wüste. Ab und zu werden der Wüste Getreidefelder abgerungen. Die Saat wird offensichtlich einfach in den Sand gesetzt und die Bewässerung soll es dann richten. In Dongola fahren wir in die Stadt hinein, da in unserem gesamten Kartenmaterial die neuen Strassen und die Brücke noch nicht eingezeichnet sind. Wir kaufen etwas Brot als Verpflegung für Unterwegs und klettern dann über eine etwas abenteuerliche, inoffizielle Erdauffahrt auf die vierspurige Brücke über den breiten Fluss. Dabei merken wir, dass man auf der neuen Strasse auch diese Stadt einfach umfahren könnte. Auf der anderen Seite übernimmt Isabella das Steuer und wir folgen dem Fluss nun auf der östlichen Seite. Wir vermuten schon, dass wir auch jetzt den Fluss nie zu Gesicht bekommen werden, speziell als wir Abkürzungen durch die Wüste nehmen, die sich hier als Steinwüste präsentiert. Auf dieser Strecke überholen uns fünf Toyota Pick-up der Armee mit einem aufmontierten Maschinengewehr und einem Mann hinter der Waffe. Isabella hat an solchen Anblicken gar keine Freude... Bei Delgo kommen wir wieder an den Nil, können ihn nun auch sehen und folgen ihm mehr oder weniger in Sichtweite. Um achtzehn Uhr hat Isabella genug für heute. Hier in Kuyamatto, das an einer Flussbiegung liegt, ist auch eine der zahlreichen Kiesgruben, aus denen das Material für den Strassenbau gebrochen wurde. Hier finden wir einen versteckten Winkel, obwohl das im Sudan eigentlich gar nicht so nötig ist, denn man wird generell in Ruhe gelassen. Heute ist es mit 34 Grad nicht ganz so heiss; das liegt wohl an dem feinen Wolkenschleier, der den Himmel überzieht. Dank unserer Vorarbeit von heute morgen steht der Znacht rasch auf dem Tisch. Es gibt ein Nasi, für einmal mit Rindfleisch und Broccoli, und schmeckt lecker.

Montag, 04.04.2011 – Wadi Halfa

Isabella hat diese Nacht schon wieder besser geschlafen, doch für Thomas war es keine gute Nacht, die Wärme und die Erkältung tun ihre Wirkung. So bleiben wir bis um acht Uhr liegen, denn die 230km Teerstrasse bis Wadi Halfa am Nasser Stausee sollten wir auch so noch locker schaffen. Beim Frühstück überraschen uns zwei Crested Lark mit ihrem Gesang. Die beiden gut getarnten Vögel sind in der pflanzenlosen Einöde unserer Kiesgrube kaum auszumachen. Wenn wir nicht den Nil in einem halben Kilometer Entfernung wüssten, würden wir uns fragen, von was die Haubenlärchen wohl leben. Von unserem Übernachtungsplatz bis nach Kosha folgen wir dem Nil meist sehr nahe und sehen in oft. Zwischen der Strasse und dem Fluss liegen die grossen, fast burgartigen Wohnanlagen der Nubier, deren Mauern oft ein schönes, farbiges Eingangstor ziert. Dieser Abschnitt ist einer der schönsten unserer Fahrt nach Wadi Halfa. Ab Kosha ist wieder Wüste angesagt. Die Strasse hält einen Abstand von fünf bis zehn Kilometern zum Fluss und nichts würde hier auf den nahen Lebensspender hindeuten. Hier machen wir ausnahmsweise mal eine kurze Mittagsrast und naschen vier Hacktätschli, die wir in typischen sudanesischen Fladenbroten verstecken. Danach sind’s noch ziemlich genau 100km bis zur Grenzstadt am Nasser Stausee, die wir kurz vor vier Uhr erreichen. Hier erwartet uns an der Hauptstrasse schon unser Helfer Magdi, der für uns den grossen Ponton für Obelix organisiert und uns durch die Bürokratie für die Ausreise aus dem Sudan lotsen soll. In seinem Büro müssen wir gleich mal drei Formulare ausfüllen, die zwar verschieden sind, aber die gleichen Angaben verlangen. Mit allen Papieren will er morgen den Grossteil der Formalitäten erledigen und am Mittwoch sollten wir Obelix selber auf das grosse Frachtschiff fahren können, bevor wir die Personenfähre nach Assuan in Ägypten besteigen. Hier beim Kilopatra Hotel, wo Magdi sein Büro betreibt, treffen wir, wie wir eigentlich erwartet hatten, auch Tanya und Paul, die wir zuletzt im Blue Nile Sailing Club in Khartoum gesehen hatten, und Jenny und Jean-Claude, die in Gorgora noch mit Problemen mit ihrem Iveco gekämpft hatten. Das Hotel gehört einem Cousin von Magdi und wir können hier gratis die Duschen benützen, was wir sogleich machen. Nachdem wir den Sand von unserer Mittagsrast wieder aus dem Fahrzeug befördert haben, ist es Zeit für ein Bier und dann den Znacht. Auch für heute haben wir gestern alles vorbereitet, es muss nur noch der Broccoli gegart, der Reis gekocht und das Curry gewärmt werden. So macht’s Spass!

Dienstag, 05.04.2011 – Wadi Halfa

Am Morgen besteht bei Thomas der Verdacht auf Temperatur und der Fiebermesser bestätigt unsere Befürchtungen. So bleibt Thomas erst mal im Schlafabteil, einen Kaffee lässt er sich aber trotzdem servieren. Wir erstellen eine Liste mit den Dingen, die wir, vor allem für die Zeit bis auch Obelix in Assuan eintrudelt, auf die Fähre mitnehmen müssen. Etwas später treffen drei Motorradfahrer ein die ebenfalls nach Norden unterwegs sind. Es sind ein südafrikanisches Paar und ein Schweizer, der mit einem kleinen, in Tansania immatrikulierten Töff unterwegs ist. Yves hat ein Jahr im dortigen Land gearbeitet und hat sich das Motorrad gekauft um jetzt damit nach Hause zu fahren. Nach dem Mittag treffen einige Leute ein, die mit der Fähre von Assuan gekommen sind. Ihren Angaben zu Folge war sie gestossen voll, was irgendwie mit dem Bürgerkrieg in Libyen zu tun haben muss. In der umgekehrten Richtung, in der wir reisen, soll die Lage weniger prekär sein, und im übrigen leisten wir uns ja eine Kabine. Am Nachmittag trägt Isabella alle von uns aufgelisteten Dinge zusammen, nach sehr viel sieht es eigentlich nicht aus. Magdi bringt uns die Pässe und Carnets zurück, Asterix und Obelix sind offiziell bereits aus dem Sudan ausgereist und unsere Pässe benötigen morgen nur noch einen einzigen Stempel. Magdis Neffe, der die Motorradfahrer betreut, verunsichert uns etwas als er erzählt, dass das Frachtschiff frühestens übermorgen ablegen wird, also einen Tag später als uns Magdi versprochen hat. Damit müssten wir in Assuan dann länger im Hotel auf Obelix warten. Mal schauen was Magdi selber morgen dazu sagt, aber ändern werden weder wir noch er irgend etwas können, denn die ägyptische Nile River Company hat hierzu das Sagen. So konzentrieren wir uns lieber wieder aufs Essen... Wir bereiten als Notvorrat einen Teigwarensalat zu, auf den wir bei unvorhergesehenen Verzögerungen zurückgreifen können. Und heute, dem letzten Abend im Sudan, haben wir nochmals etwas Spezielles vor: Die letzten vier kleinen Cervelats aus Kenia werden auf Holzkohle grilliert und dazu gibt es ein Safranrisotto und Tomatensalat. Für die Motorradfahrer heisst es plötzlich sich zu sputen, denn noch heute abend soll eine zusätzliche Fähre nach Assuan ablegen. Eine Stunde später stehen sie aber wieder vor dem Hotel, denn die Fährgesellschaft hat es sich nun doch anders überlegt. Afrika? Oder doch Arabien?

Mittwoch, 06.04.2011 – Wadi Halfa - Aswan

Um halb sieben Uhr weckt uns der Alarm, damit wir bis am frühen Vormittag sicher bereit zum Verladen sind. Wie üblich essen wir unser Frühstück und packen dann unsere sieben Sachen zusammen, die wir mit auf die Fähre zu nehmen gedenken. Als wir so weit bereit sind gehen wir nach draussen wo schon alle unsere Reisegspänli sitzen. Sie verkünden uns die Neuigkeit, dass wir nun erst nach dem Mittag verladen werden. So setzen wir uns zu ihnen und verplaudern den Vormittag. Weil gegen Mittag hin der Schatten den die Sonne wirft immer kleiner wird, müssen alle immer näher an eine Mauer rutschen, bis am Ende alle mit dem Rücken zur Wand fein säuberlich aufgereiht sind. Am Mittag gehen wir zusammen mit Jenny, Jean-Claude, Tanya und Paul in ein Restaurant essen. Alle bestellen Falafel und Ful, ausser Thomas, der bestellt ein Omelett. Es dauert etwas bis das Essen kommt, dafür wird dazu reichlich Fladenbrot gereicht. Isabella findet das Bohnengericht Ful sehr fade, es schmeckt eigentlich nach gar nichts, selbst Salz fehlt. Dafür sind die Falafel ganz lecker. Als wir zurück beim Hotel Kilopatra sind reicht es gerade noch für einen Tee bevor uns Magdi zum Aufbruch mahnt. Wir fahren die wenigen Kilometer zum Hafen und müssen im Hafengelände erst mal auf der Seite parkieren. Der Zoll kommt um die Chassis- und Motornummern zu kontrollieren, doch der rundliche, freundliche Zöllner gibt sich mit der Chassisnummer zufrieden, so dass wir das Fahrerhaus nicht kippen müssen. Der Leichter ist noch nicht zum Beladen bereit, er muss erst noch beigedreht werden, damit wir drauffahren können. Es liegen viele Frachtschiffe am Quai, die hoch mit Gütern von sudanesischen Flüchtlingen aus Libyen beladen sind. Schliesslich können wir unsere Fahrzeuge auf den Kahn fahren und unserem Obelix nur noch eine gute Reise wünschen. Magdi schleust uns anschliessend im Eiltempo durch die ganze Fährabfertigung samt Immigration und Zoll, und wir blicken schneller als gedacht von der Reeling der Fähre auf das Gewusel an der Anlegestelle. Bis wir lostuckern dauert es aber noch ein Weilchen und schliesslich sieht es so aus, als ob wir genau zum Sonnenuntergang ablegen würden. Doch halt, offensichtlich ist dies gerade die Zeit für das Abendgebet und die Gläubigen, die sich gegen Mekka neigen müssen, können ja nicht dauernd ihre Position ändern, wenn es das Boot mit seiner Richtung tut. Mit dem Einbruch der Dunkelheit wird es langsam Zeit für das Abendessen, das im Passagepreis inbegriffen ist. Es ist gar nicht mal so schlecht, aber es dauert etwas, bis alle ihr Essen erhalten. Dabei beginnen die Schiffsmotoren endlich zu arbeiten und wir nehmen Fahrt auf. Wir sitzen noch etwas mit drei Schweizern zusammen und plaudern über dies und das, bevor wir nochmals hinauf auf Deck gehen. Draussen ist es windig und kalt, kein angenehmer Aufenthaltsort für die Leute ohne Kabine, die die Nacht dort verbringen müssen.

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