Äthiopien

Montag, 07.02.2011 – Turmi

Wo die kenianisch-äthiopische Grenze genau verläuft wissen wir nur dank unseres GPS, denn es gibt keinen Zaun, keine Tafel, rein gar nichts. Wenig später treffen wir auf die ersten Hütten in Äthiopien, wo ein Polizist unsere Pässe kontrolliert. Es gibt nichts auszusetzen und wir dürfen nach Omorate fahren, wo dann die Einreise mit dem Stempel in den Pass vorgenommen werden wird. Was bald auffällt sind die vielen Männer, die mit einem Gewehr, vorzugsweise einer Maschinenpistole unterwegs sind. Wir betrachten das ungemütliche Objekt einfach als Modeaccessoire. In den ersten zwei Dörfern versucht man uns Fahrgäste mitzugeben, aber wir haben einfach nur zwei Sitze. Unsere Gefährten nehmen je ein hübsches Mädchen mit, die der Österreicher muss scheint’s ins Krankenhaus. Kurze Zeit später kommen uns tatsächlich zwei Autos mit europäischen Nummernschildern entgegen, die ersten auf der ganzen Turkana-Route. Das eine ist ein Englischer Discovery, das andere ein Zürcher Landy. Wir plaudern mit den Schweizern kurz und sie versichern uns, dass Äthiopien ein ganz tolles Land sei. Wir können den Zürchern noch unsere leeren kenianischen Pfandbierflaschen mitgeben, schön, dass sie so im Umlauf bleiben. Bald einmal machen wir Mittagsrast, die wir kurz halten. Bis zur grossen Piste sind es nur mehr 7 Kilometer und wir wollen schon mal vorausfahren, um dort unsere Reifen zumindest wieder auf Pistendruck zu bringen, und das dauert etwas. Die Piste nach Omorate ist breit und fest, aber ziemlich arges Wellblech. Darum führen über längere Strecken Ausweichpisten durch den Sand. Das geht zwar nicht schneller, dafür aber fahrzeug- und menschenschonender. Eingangs Omorate fahren wir an der im Bau befindlichen Brücke über den Omo River, dem einzigen permanenten Zufluss des Turkanasees, vorbei. Die Brücke scheint schon ein Weilchen im Bau zu sein und es auch noch für längere Zeit zu bleiben. Kurz darauf sind wir bei der Immigration, deren Besuch kurz und ereignislos verläuft. Einen Zoll um die Carnets abzustempeln gibt es hier keinen. Im Zentrum des Städtchens treffen wir wieder auf die anderen beiden. Es ist viel neugieriges Volk um uns herum, aber im grossen und ganzen ist es durchaus erträglich. Die Franzosen wollen hier in Omorate übernachten, während uns hier nichts hält. Wir wollen noch nach Turmi weiterfahren. Damit wird unser bunt gemischte Konvoi aufgelöst und wir gehen in eine nahe Bar auf ein lauwarmes Abschiedsbier. Wir nehmen um drei Uhr die gut 70km lange Piste zu unserem Ziel unter die Räder. Je nach Pistenzustand dürfte es knapp mit dem Tageslicht werden, aber schlimmstenfalls stellen wir uns einfach in den Busch. In der Nähe der Immigration treffen wir noch auf ein Berner Paar mit ihrem Fahrzeug und plaudern auch mit ihnen kurz auf der Strasse. Nach rund der Hälfte der Strecke holen uns die Österreicher ein, die eigentlich noch in Omorate bleiben wollten. Sie haben die Franzosen in der Stadt verloren und wollen nun ebenfalls nach Turmi. Kurz vor unserem Ziel beginnt eine Strassenbaustelle und es sieht aus, als ob hier in Kürze geteert würde. Jetzt müssen wir aber neben die Piste, was uns natürlich weiter verlangsamt. Mit den letzten Sonnenstrahlen kommen wir nach Turmi und steuern die erst Lodge an. Camping ist möglich, aber viel zu teuer. Deshalb fahren wir zur nächsten und finden dort Armgard und Erich. Hier ist es aber erstens fast genau so teuer und zweitens und wichtiger, wir kommen nicht unter dem Eingangstor durch. So bleibt uns nichts anderes übrig als, nun schon in der Dunkelheit, zum nächsten Camp zu fahren. Hier im Kaske River Campsite ist es um einiges günstiger und so bleiben wir. Es geht bereits gegen acht Uhr und wir sind müde vom langen Tag. Ein Bier haben wir aber sowieso verdient und anschliessend reicht die Energie sogar noch dazu, einen griechischen Salat zuzubereiten. Dann sind wir aber wieder einmal früher im Bett. Und das Schöne am morgigen Tag: Zum ersten Mal seit Loiyangalani wird uns kein Wecker wecken. Wir freuen uns!

Dienstag, 08.02.2011 – Turmi

Das ist dann wohl nichts mit ausschlafen. Die vielen Bulbuls in den Bäumen wecken uns mit ihrem Geschnatter um sieben Uhr, aber wir haben herrlich geschlafen. Wir setzen uns mit einem Kaffee nach draussen und versuchen neben den Bulbuls auch noch andere Vögel zu entdecken. Die Temperatur ist fast noch ein bisschen kühl, draussen ist es knapp über zwanzig Grad. Nach einem zweiten Kaffee versorgen wir unsere Sandbleche wieder auf dem Dach, unsere erste Aufgabe heute. Dabei entdecken wir, dass das Glas eines unserer Solarpaneele zerbrochen ist. Keine sehr erfreuliche Entdeckung. Wir werden uns schlau machen müssen, was das für uns bedeutet. Dann blasen wir mit Luftdruck soviel Staub wie möglich aus allen möglichen Ritzen, vor allem der Schlösser. Als wir das machen fahren Erich und Armgard auf den Platz. Sie haben den Platz gewechselt und wir verplaudern mit ihnen den Rest des Vormittages. Danach stärken wir uns noch ein wenig, was wir mit einem sehr reifen, aber feinen kenianischen Brie und einigen Kräckern tun. Nun muss Thomas erst mal das angesammelte Geschirr abwaschen, bevor wir uns der Vorbereitung des Nachtessens, das wir heute gemeinsam mit den Österreichern bestreiten wollen, widmen können. Da wir schon mal in der inzwischen über dreissig Grad warmen Küche stehen macht Thomas auch gleich noch ein Brot. Erich hilft danach mit seinem handwerklichen Talent, die Niveauregulierung unseres Campingtisches, die schon lange defekt ist, zu reparieren. Um fünf Uhr ist für heute Arbeitsschluss. Erst gibt’s endlich die schon lange nötige Dusche. Dann startet Erich, der dafür zuständig erklärt wurde, das Feuer, denn heute wird unser letztes Fleisch, abgesehen von den Cervelats im Eiswürfelfach, gebraten. Dazu kommt die klassische Butternuss, gefüllt mit Blaukäse und Karotten, in die Glut. Wir haben noch Curryreissalat gemacht und Armgard steuert ein leckeres Ratatouille bei. So verbringen wir einen schönen Abend mit gutem Essen, etwas Wein und angenehmer Gesellschaft unter dem sternenklaren Himmel, ohne von Mücken geplagt zu werden. Gegen Mitternacht wird die Tafelrunde aufgehoben und wir räumen mit letzter Kraft noch unsere Küche auf.

Mittwoch, 09.02.2011 – Key Afer

Diese Nacht war es etwas wärmer, doch der Grund, weshalb wir nicht so toll schlafen liegt wohl am Wein von gestern Abend, Thomas’ Schnarchen und seinem unruhigen Schlaf. So sind wir am Morgen weniger fit als gestern und Armgard und Erich haben schon fast zusammengepackt als wir zum ersten Mal aus dem MGD steigen. Wir verabschieden uns nur kurz, denn wir werden sie wahrscheinlich am Markt in Key Afer wiedersehen, denn sie wie wir auch besuchen wollen. Dafür wollen wir uns heute gemütlich dorthin begeben, was wir nach einem stärkenden Frühstück mit einem feinen selbstgemachten Weissbrot in Angriff nehmen. Die Strasse führt nordwärts und wir dürfen gleich von Beginn weg neben dem neuen Strassenkoffer, der wohl bald einmal einen Asphaltbelag erhält, fahren. Wie wir aus Erfahrung wissen gibt es schöneres. In Dimeka müsste es gemäss unserem GPS eigentlich geradeaus gehen, aber die neue Strasse schwingt gegen Westen. Eigentlich gehen wir davon aus, dass auch die neue Strasse nach Key Afer führt. Sicherheitshalber fragen wir bei einer Hütte nach, die am Strassenrand steht, und aus der immer mehr Menschen auftauchen deren Hände Thomas alle schütteln muss. Sie bestätigen unsere Vermutung. Ab und zu wird an der Strasse auch gebaut, es werden vor allem Wasserdurchführungen betoniert. Nicht nur die Bauarbeiter, auch die meisten Menschen die unterwegs sind oder am Strassenrand stehen winken uns fast immer zurück. Klar wird uns auch die eine oder andere Hand entgegengestreckt, aber es ist bisher nichts, was uns aus der Fassung bringen würde. Später, nach rund 60km hört dann die Baustelle doch noch auf, was die Piste allerdings auch nicht besser werden lässt. Auf der ganzen Strecke steigen wir allmählich an bis wir kurz vor Key Afer auf etwas über 1’500m auf die von Konso herkommende Teerstrasse treffen. Im Ort haben wir etwas Mühe, den im Reiseführer aufgeführten Campingplatz zu finden. In zwei Hotels sind die Bedingungen wegen zu tief hängender Kabel auch nicht ideal, so dass wir uns auf die Suche nach der Polizei machen, bei der es im allgemeinen in Äthiopien meist auch möglich sein soll, zu campieren. Der einzige Polizist der ein paar Brocken Englisch spricht erklärt dann zwar, dass ihr Posten kein Campingplatz sei, packt aber Thomas auf den Rücksitz eines Motorrades und fährt mit ihm zu einer nahen Bar. Dort stellt er Thomas erst mal ab und kehrt dann mit einem jungen Mann zurück, der uns weiterhelfen kann. Es stellt sich heraus, dass wir uns in einem zur Zeit noch im Bau befindlichen Hotel hinstellen können. Der zurückhaltende junge Mann erklärt uns, dass sein Vater das Hotel baue, jetzt aber gerade in Addis sei, und deshalb er hier nach dem Rechten schauen müsse. Eigentlich ist es mit 100 Birr für das Gebotene zu teuer, aber das ist wohl der Markttagzuschlag für Touris und so toll sind unsere Alternativen ja auch nicht. Dafür pflückt er uns noch zwei Mangos von einem der Bäume, neben denen wir stehen. Wir verziehen uns ins MGD, frönen einem Bier und lesen SMS, die zum ersten Mal nach drei Tagen in Äthiopien auf unserem Natel eintrudeln. Draussen stürmt ein Kommando von fünf Jungen überfallmässig auf das Areal um mit Steinen Mangos von den Bäumen zu holen. Wir haben wegen der Steine ein wenig Angst um unser MGD und vertreiben sie deshalb, und weil der Wachmann gerade bei einem Schwatz über die Strasse ist, gleich selber. Wir versuchen ein paar Dinge nachzuholen die in den letzten Tagen zu kurz gekommen sind und sind froh, dass wir uns an den Reissalat von gestern halten können und nicht kochen müssen.

Donnerstag, 10.02.2011 – Arba Minch

In der Nacht bleibt es wärmer als wir angesichts der Höhenlage von über 1’500 Meter über Meer eigentlich erwartet hätten. Aber vielleicht liegt es ja auch an den wegen des Strassenstaubes auf der einen Seite geschlossenen Fenster. Wir können es gemütlich nehmen, denn gemäss der Auskunft unseres Gastgebers beginnt der Markt erst um zehn Uhr. So gönnen wir uns wieder einmal ein Eierfrühstück mit Speck. Gerade als wir zum Markt aufbrechen wollen klopft es an unser MGD. Draussen steht nicht ganz überraschend Erich, der uns mitteilt, dass auch die Franzosen, mit denen sie die letzte Nacht in Jinka verbracht haben, hier seien. Wir spazieren ins Zentrum, von wo wir uns alle zusammen zum Viehmarkt begeben. Zumeist traditionell gekleidete Männer der vier verschiedenen in der Gegend ansässigen Ethnien bringen ihre Ziegen, Schafe und Kühe hierher. Wir haben schon bald genug gesehen und machen uns auf den Weg zum Hauptmarkt. Wir wollen dort, neben dem Schauen, möglichst noch ein paar Frischprodukte kaufen. In einer kleinen, improvisierten Hütte, in der eine junge Frau Kaffee ausschenkt, treffen wir unseren Gastgeber mit seinem Bruder. Zum ersten Mal trinken wir vom äthiopischen Kaffee, der süss aus einem kleinen Tässchen getrunken wird und wirklich nicht schlecht schmeckt. Vom jungen Mann erfahren wir, dass gestern Nachmittag, also genau als wir die vielen SMS erhielten, hier im Omo Valley das Natel-Netz aufgeschaltet wurde, wir also sozusagen einen historischen Moment miterlebt haben. Er erklärt uns auch, dass jetzt auf dem Markt noch nicht viel los sei, es am Nachmittag aber von Leuten wimmeln werde. So lange wollen wir nicht warten und machen uns daran, unsere Einkäufe zu tätigen. Es ist gar nicht so einfach, dass wir Tomaten und Avocados zu einem einigermassen vernünftigen Preis erstehen können. Mit der zunehmenden Zahl an weissen Touristen auf dem Platz nimmt auch die Zahl der penetranten Souvenirverkäufer zu, die die typischen kleinen Stühlchen, von denen jeder Mann immer eines mit sich herumträgt, verkaufen wollen. Trotzdem können wir uns insgesamt einfach und ungestört auf dem gesamten Markt bewegen. Als es Mittag wird haben wir genug gesehen und wollen uns auf den Weg machen. Unsere Turkana-Reisegenossen haben wir inzwischen aus den Augen verloren und nur die Franzosen finden wir bei einem kleinen Restaurant wieder. Wir organisieren uns noch einen Vorrat an lokalem St. George-Bier und verabschieden uns von den Rebsamens um uns auf den Weg westwärts zu machen. Wie wir gestern gesehen haben ist die Strasse Richtung Karat-Konso frisch geteert und wir gehen davon aus, dass wir die gut hundert Kilometer entfernte Stadt deshalb innert nützlicher Frist erreichen können. Es beginnt gleich ein spektakulärer Abstieg in ein breites Tal in dem Weyto liegt und das wir durchqueren bevor wir auf der anderen Seite wieder in die Hügel steigen. Hier müssen wir aber schon bald neben der unfertigen Trasse fahren, was uns im bergigen Gelände natürlich deutlich weniger schnell vorankommen lässt. Nach 20km beginnt allerdings das Asphaltband zu unserer Erleichterung wieder und wir treffen um vier Uhr in Konso ein. Bis nach Arba Minch, der ersten grösseren Stadt auf unserem Weg in Äthiopien sind es nun noch knapp neunzig Kilometer, was wir bei der zu erwartenden Teerstrasse locker vor Sonnenuntergang schaffen sollten. Doch nach einem drittel der Strecke hört der Teer zu unserer Verblüffung nach einer Brücke auf und die Fortsetzung ist noch nicht einmal im Bau. Mist! So tuckern wir halt wieder mit zwanzig bis dreissig km/h über das Wellblech. Eigentlich ist es hier wieder erstaunlich dünn besiedelt, nur selten sehen wir hier die sonst allgegenwärtigen Kinder am Strassenrand ihr Tänzchen aufführen, womit sie wohl einen Birr verdienen wollen. Aber nach dreissig Kilometern Rütteln hat irgend jemand erbarmen mit uns und unvermittelt beginnt wieder der Teer. Schön, nur müssen wir nun wieder auf die Mitbenützer auf der Strasse aufpassen. Strassen in Äthiopien scheinen nämlich nicht primär für die wenigen Autos die unterwegs sind gebaut zu sein, sondern sind Vielzwecknutzflächen. In erster Linie müssen wir immer wieder um Viehherden kurven, deren Hüter sich kaum einmal die Mühe nehmen uns einen Weg frei zu machen. Im Gegenteil, wenn es Kinder sind, sind sie vollauf damit beschäftigt uns die Hand entgegenzustrecken. Wohlverstanden natürlich nicht winkend... Wir aber nehmen die Mühe auf uns immer freundlich zu winken und in neunzig Prozent der Fälle grüsst man uns genau so freundlich zurück. Vor allem von den unglaubliche Lasten schleppenden Frauen ernten wir immer wieder ein strahlendes Lachen, dass es eine Freude ist. Wir erreichen Arba Minch kurz vor Sonnenuntergang, haben aber Mühe die gesuchte Paradise Lodge zu finden. Als wir schliesslich bei hereinbrechender Dunkelheit vor dem Eingang stehen, werden wir wieder einmal enttäuscht. Ein niedriges Eingangstor versperrt uns den Zutritt und ein Mann erklärt uns, dass sie eh voll seien. So peilen wir unsere zweite Wahl an, natürlich bereits in kompletter Dunkelheit. Im Bekele Molla Hotel können wir bleiben und kommen sogar auch unter einigen Drähten hindurch auf unseren Platz. Eigentlich ist es mit 150 Birr wieder einmal zu teuer, ganz zu schweigen davon, dass sie im Moment kein fliessendes Wasser haben. Gemäss unserem aus dem Jahre 2009 stammenden und zur Zeit aktuellsten erhältlichen Reiseführer sollte es eigentlich 40 Birr kosten. Es bleibt uns nicht viel anderes übrig als vorerst einmal hier zu bleiben und uns im Dunkeln möglichst gerade hinzustellen. Obwohl es schon spät ist haben wir wieder einmal Lust auf Spaghetti und kochen uns eine schöne Portion davon. Abwaschen mögen wir heute aber nicht mehr. Leider haben sich auch ein halbes Dutzend Mücken irgendwie in unsere Wohnung geschlichen und stechen natürlich wieder nur Isabella. Daran hat sie gar keine Freude und verzieht sich schleunigst in unser mückensicheres Schlafgemach.

Freitag, 11.02.2011 – Arba Minch

Nach einer angenehmen Nacht schlafen wir etwas länger, denn wir wollen so oder so heute noch hier bleiben. Vorerst begnügen wir uns mit Kaffee, den wir hinter unseren Laptops trinken. Für die schöne Aussicht auf die beiden Seen rund 250m unter uns im Rift Valley, der nördlich gelegene Abayasee in rostbrauner Farbe, der südliche Chamosee in traditionellem Blau, haben wir wenig Musse. Ausserdem muss ja auch in der Küche erst noch aufgeräumt werden. Angesichts des bevorstehenden Wochenendes und unserer schwindenden Birr-Vorräte müssen wir uns ernsthaft mit der Geldbeschaffung auseinandersetzen. Die Banken liegen im einige Kilometer entfernten Stadtteil Sikela, der erst noch im Talboden liegt. Also nehmen wir nach einem stärkenden Mittagsplättli Asterix aus der Garage, damit Thomas dorthin fahren kann. In der Commercial Bank of Ethiopia am zentralen Kreisel kann er problemlos und schnell Euro gegen Birr tauschen, einen Bankomaten gibt es hier noch nicht. Als Thomas in der Stadt herumkurvt wird ihm immer und immer wieder signalisiert, dass er das Fahrlicht eingeschaltet hat. Wie soll man den gutmeinenden Leuten im Vorbeifahren erklären, dass Asterix gar nicht anders kann? Thomas sieht sich in der Stadt auch noch zwei Supermärkte an, die bei näherer Betrachtung die Grösse eines Tante-Emma-Ladens haben. Immerhin kauft er in einem zwei Flaschen Mineralwasser und ein Kilogramm Mehl. Zurück im MGD genehmigen wir uns erst mal ein St. George. Isabella sitzt weiterhin hinter ihrem PC während Thomas die Hälfte des Mehls gleich in ein Brot verwandelt. Während der Teig an der Wärme steht versorgen wir Asterix wieder und kümmern uns dann um die Dusche. Inzwischen plätschert das Wasser aus der Stadtleitung in die grosse Zisterne und die Drucktanks werden vollgepumpt. Damit kommen wir entgegen unserer Befürchtungen doch noch in den Genuss einer normalen, wenn auch kühlen, aber schön erfrischenden Dusche. Die Tomaten vom Markt in Key Afer sind schon sehr, sehr reif, weshalb wir einige davon zu einem Salat Matmata verarbeiten. Damit haben wir unseren Znacht schnell zubereitet und können weiterhin hinter unseren Laptops sitzen.

Samstag, 12.02.2011 – Arba Minch

Obwohl wir gestern eher noch später schlafen gingen sind wir etwas früher auf den Beinen. Das Wetter ist weiterhin schön, so gefällt es uns. Nachdem die Wasserversorgung gestern wieder funktioniert hat, liebäugeln wir schon damit, nochmals einen Tag hier anzuhängen. Da die Luft extrem trocken ist, könnten wir sogar etwas Wäsche waschen. Aber oha, heute morgen ist die Wasserleitung aus der Stadt wieder tot. Wir sind frustriert und beschliessen nach dem Frühstück abzuhauen. Isabella hat bereits alles zusammengeräumt und Thomas ist gerade dabei die Frontscheibe zu putzen als das Wasser wieder zu fliessen beginnt. Ja was nun? Zum zweiten Mal binnen zweier Stunden ändern wir heute unsere Meinung. Wir stellen Tisch und Stühle auf und beginnen zu waschen. Selbstredend versiegt das Wasser nach dem ersten Waschgang wieder um dann später doch wieder für einige Zeit zu fliessen. Gerade als wir zu waschen begonnen haben tauchen doch tatsächlich Erich und Armgard auf. Sie beschliessen spontan ebenfalls hierzubleiben, schliesslich ist die Aussicht auf die Seen ja wirklich nicht übel. Nach einem kurzen Schwatz widmen wir uns wieder der Wäsche, denn die will ja doch gemacht werden. Gegen vier Uhr sind wir damit fertig und setzen uns mit Kaffee und einigen Guetzli zu den Österreichern. Es gibt einige Vögel zu sehen, von denen ein Lappet-faced Vulture auf einem Stromleitungspfosten der auffälligste ist. Wir versorgen den Rest unserer Wäsche, die nur noch zu trocknen brauchte und dislozieren dann auf die Terrasse des Hotels wo wir uns bei herrlicher Aussicht gemütlich ein Bier genehmigen. Bevor es einzudunkeln beginnt bestellen wir unser Essen. Alle ausser Erich wollen Fisch, für den gemäss unserem Reiseführer Arba Minch bekannt sein soll. Der panierte, beziehungsweise in einer Mehlpanade gebratene Fisch ist dann nichts besonderes, aber auch nicht schlecht. Es fehlt einfach irgendwie an einer würzigen Sauce oder Beilage. Trotzdem verbringen wir einen sehr netten Abend, der heute allerdings eher früh zu Ende geht. Alle haben wir etwas Respekt vor den vielen Moskitos, die heute aber weniger zahlreich als in den letzten Tagen zu sein scheinen.

Sonntag, 13.02.2011 – Sodo

Da wir früh schlafen gingen sind wir um sieben Uhr schon wieder auf. Heute geht’s definitiv weiter. Wie weit werden wir sehen, denn die Teerstrasse ist gemäss unserem Reiseführer in schlimmem Zustand. Wir frühstücken und machen uns dann bereit. Armgard und Erich sind etwas schneller und fahren eine halbe Stunde vor uns ab. Da das Wasser gerade fliesst nehmen wir noch eine Dusche, denn in Äthiopien weiss man bezüglich Infrastruktur nie so genau, woran man ist. Eine weitere Eigenart des Landes ist, dass Preise über Nacht ändern können. Für einmal allerdings zu unseren Gunsten, denn während man uns bei der Ankunft gesagt hatte, dass eine Nacht 150 Birr kostet sind es nun nur noch 100. Unter stark bewölktem Himmel fahren wir durch die beiden Stadtteile und finden uns schon bald auf altem, aber intaktem, rumpeligem Teer. Wir kommen zwar nicht so schnell vorwärts, aber das stört uns nicht weiter. Es hat auch am heutigen Sonntag viele Menschen und Tiere auf der Strasse, aber irgendwie scheinen sich die Kinder heute morgen nicht für uns zu interessieren. Die Strasse führt lange dem Lake Abaya entlang, dessen rostbraunes Wasser wir ab und zu zu Gesicht bekommen. Der alte Teer hört schon bald auf und wir dürfen wieder einmal Kilometer über Kilometer Baustellenpisten fahren, da die Strasse erneuert wird. Heute ist es besonders frustrierend: Neuer Teer, manchmal nur wenige hundert Meter, wechselt mit Teerresten der alten Strasse und der rumpeligen Baustellenpiste ab. Eine Logik im Baufortschritt ist für uns absolut nicht erkennbar. So ist für uns schon bald klar, dass wir nach 130km in Sodo zeitig Schluss machen und uns den nochmals so langen Teil bis Shashemene für morgen aufheben. Auch in Sodo gibt es ein Bekele Molla Hotel, in dessen grossem Innenhof wir campieren können. Da wir früh dran sind machen wir noch einen kleinen Spaziergang in der Stadt und finden einen der typischen, kleinen Supermärkte. Hier finden wir äthiopischen Kaffee, auf den wir gespannt sind. Im gleichen Komplex befinden sich auch zwei Dachterrassenrestaurants und in einem davon genehmigen wir uns einen süssen Kaffee. Wir Faranji, wie Weissnasen wie wir in Äthiopien genannt werden, werden dabei von einigen jungen Einheimischen ganz und gar nicht unauffällig, aber durchaus freundlich beäugt. Als ihnen Isabella zuwinkt ist es ihnen dann doch ein ganz klein wenig peinlich. In der Umgebung hängen überall Regenschleier und auch bei uns regnet es ganz leicht. Wir werden auf dem Rückweg zum Hotel aber nicht gross nass und kaufen uns in einer Bäckerei noch ein Brot, das wir mit 4 Birr wahrscheinlich überbezahlen. Aber wenn es uns morgen zum Frühstück schmeckt, werden wir uns noch eines kaufen. Zurück im MGD sind wir sogar noch etwas fleissig und sortieren einige hundert Bilder aus Kenia aus. Danach ist auch schon Zeit etwas zu kochen. Heute gibt’s wieder einmal ein Pilzrisotto, allerdings nicht mit Stein- sondern Austernpilzen. Dazu kommt ein Tomatensalat und ein Fläschchen Merlot und schon sieht die Welt wieder ganz anständig aus.

Montag, 14.02.2011 – Awasa

Am morgen liegt eine fast herbstlich diesige Stimmung in der Luft. Heute morgen gibt es vom feinen Brot von gestern leider keines zu kaufen. Dreissig Kilometer neuer Teer führen uns bis in eine Höhe von gut 2’200m. Dann folgen für vierzig Kilometer wie gehabt Baustellen, alte Pistenstücke und alter Teer, und wir mögen es nicht besonders. Hinter Kulito geht es über eine Hochebene auf einer vor wenigen Jahren erneuerten Teerstrasse bis Shashemene. Wir überholen viele Eselsgespanne, deren Esel mit Glöcklein behangen sind und die in ihrem Trab lustig klingeln. Von Shashemene aus fahren wir noch einige Kilometer südwärts bis Awasa am gleichnamigen See. Die Dashen Bank ist die einzige Bank im Land von der wir wissen, dass ihre Filialen in den grösseren Städten Geldautomaten führen. Doch Thomas kann dem Automaten nur 1’000 Birr entlocken, was wegen der fälligen Kommission eine teure Sache wird. Nun gilt es einen Schlafplatz zu suchen. Im Awasa Hotel direkt am See sollen wir 150 Birr dafür bezahlen, dass wir ohne Zugang zu irgendwelchen Sanitäranlagen parkieren dürfen. Das kann es ja wohl nicht sein und so fahren wir weiter zum Zewed Village, das allerdings auch nicht gerade vielversprechend aussieht. Erst sollen wir für den gleichen Betrag wie im Awasa Hotel eine Freiluft-Dusche draussen beim leere Swimmingpool benützen. Nachdem wir etwas gar offensichtlich diskutieren, ob das nun ein annehmbares Angebot ist oder nicht, offeriert uns der beleibte, freundliche Manager ein Zimmer um die Sanitäranlagen zu benützen. So stellen wir uns in eine Ecke unter einigen Bäumen und stehen für einmal beim ersten Versuch schön gerade. Wir sind relativ früh dran und trinken zum Zvieri einen Kaffee. Später gehen wir an den See und genehmigen uns dort ein Bier. Es sind überraschend viele Besucher hier, Faranji und Äthiopier, und, was viel interessanter ist, viele, viele Wasservögel. So sehen wir verschiedene Reiher, Kormorane, Hammerköpfe, eine Möwenart und einen Graufischer der sich ganz in unserer Nähe auf einen Ast setzt. Später präsentiert sich noch ein kleiner Malachiteisvogel ebenfalls ganz nahe auf einem Felsen. Plötzlich sehen wir Michèle auf uns zusteuern. Obwohl Awasa recht gross ist treffen wir die Franzosen, nachdem wir ihnen zum letzten Mal vor fünf Tagen in Key Afer über den Weg gelaufen sind, nun genau in diesem Hotel wieder. Wir teilen mit ihnen die Sanitärzelle im selben Zimmer und gehen deshalb gleich duschen. Anschliessend machen wir uns ein richtig leckeres Nachtessen: Gebratene Cervelats und Kartoffelwürfel mit etwas Büchsengemüse. So gut! In der Dunkelheit füllen wir ungefragt noch unsere Wassertanks, denn Wasser scheint hier kein Problem zu sein. Allzu trocken kann es gar nicht sein, denn auch heute abend regnet es wieder, ja es gibt sogar ein kleines Gewitter.

Dienstag, 15.02.2011 – Awasa

Wir schlafen gut, zumindest bis die ersten Land Cruisers der Touristengruppen ihre Türen schletzen. So stehen wir halt auch auf und machen uns mit Feldstecher und Fotoapparat ans Seeufer auf. Die Franzosen sind auch schon auf den Beinen und gerade dabei, sich das Frühstück direkt am Ufer zu servieren. Wir unterhalten uns kurz mit ihnen und machen dann weiter mit unserer Vogelpirsch. Wir treffen in etwa die selben Wasservögel wie gestern an, darunter den hübschen Malachiteisvogel. Obwohl es nicht ganz billig ist beschliessen wir heute hier zu bleiben, denn hier ist es friedlich. Allerdings gehen uns all die Land Cruiser-Chauffeure mit ihren unnötig stinkenden Motoren noch etwas auf die Nerven, bis sie alle weg sind. Wir setzen uns mit einem ersten Kaffee hinter Isabellas Laptop, denn wir müssen noch Tausende von Fotos aus Kenia sichten. Die Franzosen verabschieden sich derweil und ziehen weiter Richtung Addis Ababa. Wahrscheinlich werden wir sie unterwegs nun nicht mehr wiedersehen, aber man weiss ja nie. Bei unserer Fotosichtungs-Session werden wir immer wieder von Grivet Monkeys, den äthiopischen Meerkatzen gestört, die Obelix’ Dach als Spielplatz missbrauchen. Als wir sie wieder einmal vertreiben wollen, entdecken wir einige Black-and-white Colobus, die hier Guereza Monkeys heissen. Für einmal sind diese nicht träge in den Bäumen am Futtern, sondern sehr aktiv. Vor allem drei kleinere Affen turnen wild spielend herum und fallen dabei immer wieder einige Meter tief von den Ästen. Es macht riesig Spass ihnen zuzusehen und viele Bilder von ihnen zu knipsen. Gleichzeitig fliegen auch einige Silvery-cheeked Hornbills durchs Geäst, die uns mit ihrer Grösse und den deutlich hörbaren Flügelschlägen sehr beeindrucken. Ab so viel Ablenkung müssen wir uns richtig bemühen, vor dem Mittag noch einige Fotos anzuschauen. Und Hunger haben wir auch, so dass wir zum Frühstück den Rest des gelben Brotes aus Sodo verdrücken. Am Nachmittag will Thomas noch zwei kleine Baguettes backen, aber zum zweiten Mal geht der Teig mit dem Mehl aus Äthiopien nicht auf. Das muss dann wohl am Mehl liegen. Für unser Feierabendbier gehen wir wieder runter an den See. Unser Favorit, das St. George, ist ihnen ausgegangen und auch Meta, das wir gerne als Alternative probiert hätten, ist alle. So trinken wir halt ein Harer, das uns auch heute wieder zu bitter schmeckt. Immerhin tröstet uns eine schöne spätnachmittägliche Stimmung über dem See und, noch besser, ein kleiner Malachiteisvogel der nur zwei Meter vor uns längere Zeit auf einem Ästchen sitzt. Zum Znacht ist etwas Fantasie gefragt. Wir müssen dringend unsere letzten vier kleinen Tomaten verwerten, die aber für einen Salat zu wenig hergeben. So schlägt Isabella vor, sie zusammen mit einer Büchse Spinat als Gemüse zu kochen und Thomas findet, dass wir dann gleich noch eine Büchse Corned Beef, die wir seit ewig als Notvorrat mitschleppen, dazugeben können. Dank Isabellas Würzkünsten ist das Ganze zusammen mit einer Portion Reis wie immer äusserst geniessbar. Auch heute abend gibt es, bereits zum dritten aufeinanderfolgenden Mal, etwas Regen, was uns überrascht, denn die Regenzeit beginnt in Äthiopien eigentlich erst im März oder April.

Mittwoch, 16.02.2011 – Bale Nationalpark

Nach einer guten, ruhigen Nacht machen wir Nägel mit Köpfen. Das heisst, dass wir zielstrebig frühstücken und zusammenräumen. Um halb zehn Uhr sind wir schon auf der Piste und fahren ins Stadtzentrum um ein Internetkaffee zu suchen. Zuerst kitzeln wir aber nochmals den Geldautomaten der Dashen Bank, aus dem wir nun dank einem Tipp von Yorick die maximal möglichen 4’000 Birr holen. Im City Internet Cafe staunen wir nicht schlecht ob der Geschwindigkeit ihres Wireless Netzwerks. Innert 10 Minuten haben wir unser Anti-Virus Programm aktualisiert, Mails empfangen und verschickt und Schweizer Zahlenlotto gespielt. Bezahlt haben wir dafür 1 Birr, wenig mehr als fünf Rappen. Im gleichen Gebäude liegt auch ein kleiner Supermarkt, in dem wir unter anderem je eine Flasche roten und weissen äthiopischen Wein kaufen. Jetzt aber geht es auf die Reise, denn wir haben noch 180km vor uns von denen wir wieder nicht so recht wissen, was Teerstrasse, was Piste und was Baustelle ist. In Shashemene halten wir noch kurz um etwas Brot zu kaufen und von dort geht es dann ziemlich genau Richtung Osten auf die Bale Mountains mit dem gleichnamigen Nationalpark zu. Die ersten 40km steigen wir auf einer wunderbaren neuen Teerstrasse um rund 1’000m auf über 2’500m an. Dann fahren wir über eine endlose Hochebene die mit riesigen, jetzt abgeernteten Getreidefeldern tapeziert ist. Ab und zu begegnet uns sogar ein moderner Mähdrescher. Irgendwie passt dieses Bild nicht ganz zu dem des ewig hungernden und bettelnden Äthiopien! Nach genau 83km endet der Teer kurz vor Dodola. Damit sind wir das bisher längste ununterbrochene Stück Teerstrasse in Äthiopien gefahren. An der Fortsetzung wird auch bereits gearbeitet. Wir fahren noch weitere 60km über diese Hochebene am Fusse der Baleberge bevor die Strasse in die Berge zu steigen beginnt. Die Berge sehen etwa wie unsere Voralpen aus, nichts wirklich spektakuläres. Der grosse Unterschied ist, dass wir uns bereits auf 2’500m befinden und die grünen Berge bis auf 4’000m und darüber reichen. So klettert Obelix dann tapfer Höhenmeter um Höhenmeter um mit 3’611m den höchsten Punkt auf dieser Passstrasse zu erreichen. Das ist selbstredend natürlich neuer Rekord. Danach sinken wir nicht mehr unter 3’000m und erreichen in Dinsho unser Ziel, das Hauptquartier des Bale Nationalparks mit einer Lodge und einem Campingplatz. Auf der kurzen Zufahrt entdecken wir schon einige Bergnyalas, für die der Park bekannt ist. Es ist bereits halb sechs Uhr als wir ankommen und das Office um zu bezahlen ist bereits geschlossen. Wir fahren den steilen Grasweg zum Campingplatz hinauf, nicht ohne noch einige etwas allzu tief hängende Äste wegzuräumen. Obwohl das Gelände abschüssig ist, können wir uns auf einem Punkt mit wunderbarer Aussicht über Dinsho und die umgebenden Berge schön gerade hinstellen. Hier auf 3’235m ist es draussen gerade noch 17 Grad warm und nachts wird es wohl ziemlich kühl werden. Dieser Übernachtungsplatz ist natürlich mit Abstand der höchste auf unserer bisherigen Reise und wir sind gespannt, wie wir hier schlafen werden. Zuerst machen wir aber noch einen währschaften, einfachen Znacht: Spiralen an einer Jägersauce und Tomatensalat.

Donnerstag, 17.02.2011 – Bale Nationalpark

Trotz der Höhenlage schlafen wir gut, einzig der Regen, der im Verlaufe der Nacht auf unser Dach trommelt, lässt uns kurz erwachen. Am Morgen ist es eher weniger kalt als wir erwartet haben, jedenfalls sind unsere Scheiben kaum beschlagen. Draussen sieht der Tag noch nicht gerade einladend aus, Nebelfetzen liegen im Talgrund und auch die Berge gegenüber sind noch verschleiert. So bleiben wir gerne noch einen Moment liegen. Als wir dann doch unter der Bettdecke hervorkriechen ist es draussen zehn Grad warm. Wir machen uns erst einmal einen Kaffee und gehen den Tag sachte an. Wir schauen uns weitere Kenia-Bilder an, denn in den Parks haben wir ziemlich oft auf den Auslöser gedrückt. Der Abwasch von gestern abend ist auch noch zu erledigen und dann haben wir bald einmal Hunger. Dagegen setzen wir unser bewährtes, kaltes Plättchen. Am frühen Nachmittag schnüren wir unsere Schuhe und erkunden etwas die Umgebung. Im ersten Teil begegnen wir einigen Vögeln, von denen uns als erstes die vielen Abyssinian White-eye, die in den Wacholderbäumen auf Nahrungssuche sind, auffallen. Auffallend sind auch die grünen Black-winged Lovebird, eine Papageienart mit einer leuchtend roten Stirn. Im Unterholz ist ab und zu ein Rüpell’s Robin-chat zu sehen und was wir für einen stinknormalen Hadeda Ibis halten entpuppt sich später als seltener Wattled Ibis. Von den Vierbeinern scheuchen wir als erstes Warzenschweine auf, dann ein paar unauffällige Bohor Reedbuck. Schliesslich überraschen wir drei Menelik’s Bushbuck, die sich aber in ihrer Siesta nicht weiter stören lassen. Nur wenige Dutzend Meter davon entfernt stossen wir auf Mountain Nyalas, eine in Äthiopien endemische Antilopenart. Es ist ein Bock mit seinem Harem, und auch diese mindestens zwanzig Tiere grosse Gruppe ist gemütlich am Wiederkäuen. Somit bleibt uns einzig der Anblick eines äthiopischen Wolfes verwehrt, einer weiteren Spezialität des Bale Mountains Nationalparks. Um diesen weltweit seltensten Wolfshund sehen zu können müssten wir aber zum rund sechzig Kilometer entfernten Sanetti-Platteau fahren, wozu wir einen Führer mitnehmen müssten worauf wir einfach keinen Bock haben. Unser rund anderthalbstündige Spaziergang hat uns grossen Spass gemacht und dank dem inzwischen wieder sonnigen Wetter mussten wir trotz der Höhe und einem leichten Wind auch nicht frieren. Zurück bei Obelix gibt’s anstelle eines Bieres dann doch einen Kaffee mit einigen Guetzli. Dann wandern noch einmal zwei Brötchen in den Ofen, die allerdings auch nicht richtig aufgehen wollen. Sie kommen dann aber doch etwas besser heraus als die letzten, so dass wir sie ihrer eigentlichen Bestimmung zuführen können, nämlich als Brotmocken für ein Fondue herzuhalten. Wir haben noch ein letztes Emmi-Fondue aus dem südlichen Afrika vorrätig, das wir extra für einen kühlen Abend im Hochland von Äthiopien aufgespart haben. Das Verfalldatum ist zwar bereits abgelaufen und man merkt es ein wenig, so dass selbst der äthiopische Weisswein mithalten kann. Aber so ein Käse-Fondue ist auch so noch eine erfreuliche, Magen und Herz erwärmende Sache.

Freitag, 18.02.2011 – Lake Langano

Als wir am Morgen erwachen ist der Himmel absolut wolkenlos. Trotzdem ist die Temperatur auch in dieser Nacht nicht wirklich tief gefallen. Isabella würde es nicht stören, gleich noch einen Tag hier anzuhängen, aber Thomas drängt wieder einmal zur Weiterfahrt, denn sonst werden gemäss unserem Reiseführer weitere Parkgebühren fällig. So packen wir zügig zusammen und schauen, dass wir für unsere Verhältnisse früh los kommen. Die Überraschung gibt es dann beim Bezahlen der noch nicht beglichenen Eintrittsgebühren. Der Eintritt gilt nur noch für vierundzwanzig Stunden, womit uns dieser Besuch doppelt so teuer wie gedacht zu stehen kommt. Zu diskutieren gibt es aber nichts, denn die Tarife sind klar publiziert und im übrigen verglichen mit Tansania und Kenia eher moderat. Die Quittung ist mit Datum vom 11.6.2003 datiert und trotzdem nicht falsch, denn Äthiopien geht nach dem julianischen Kalender, der dem unseren ungefähr siebeneinhalb Jahre hinterherhinkt. Wir begeben uns auf die Piste, die uns über die gleiche Strecke zurück nach Shashemene führt. Wir steigen wieder auf den gut 3’600m hohen Pass, wobei der höchste Punkt gemäss GPS am heutigen Tag sieben Meter höher liegt. Die Sicht ist heute wesentlich besser als vor zwei Tagen und wir haben aus dieser Höhe immer wieder tolle Ausblicke. Auch die vor zwei Tagen unendlich scheinende Hochebene vor Dodola wird nun klar von einem wohl knapp 4’000m hohen, massiven Berg begrenzt. Kurz nach Dodola pumpen wir Obelix’ Reifen wieder auf und fahren dann flott nach Shashemene hinunter, das wir um vier Uhr erreichen. Hier kaufen wir wieder einige Brote und biegen dann nach Norden ab. Wir wollen noch rund vierzig Kilometer bis an den Langanosee fahren, wo es einige Übernachtungsmöglichkeiten geben soll. Die Strasse ist zwar tadellos, aber es herrscht ziemlich viel Betrieb auf der Strasse. Man könnte meinen, wir seien schon in den Vororten von Addis unterwegs, obwohl das ja noch fast 250km entfernt liegt. Unser erster Abstecher von der Hauptstrasse an den See entpuppt sich als Niete, denn das Bekele Molla Hotel ist geschlossen. Frustriert fahren wir weiter und steuern als nächstes die Karkaro Lodge an. Hier haben wir mehr Erfolg und der Platz liegt direkt am Strand. Bei der steilen Abfahrt gibt es dann noch eine Schrecksekunde als Obelix kurz ins Rutschen gerät, aber mehr zu schaffen macht uns das Campinggelände, das wieder einmal keine ebenen Flächen aufweist. So dauert es einmal mehr ewig bis wir unser Plätzchen gefunden haben, nicht zuletzt, weil uns ein Angestellter von unserer ersten Wahl wegscheucht. Kurz vor der Dämmerung haben wir es geschafft und natürlich ist es wieder einmal bereits ordentlich spät. Ein Bier haben wir uns aber trotzdem verdient. Dabei überlegen wir uns, was wir kulinarisch noch anstellen wollen, ohne zuviel dafür tun zu müssen. Wir entscheiden uns für Schinkenspeck mit Makkaroni “Lake Bunyonyi“, während dessen Zubereitung wir uns einen Schluck Sprudel, schliesslich ist es ja der 18. Februar, genehmigen. Das Essen schmeckt, wie nicht anders zu erwarten war, dem Datum Ehre erweisend, und dabei hilft natürlich auch etwas feiner Wein, ein “Duet“ aus Südafrika.

Samstag, 19.02.2011 – Lake Langano

Unser nächstes Ziel wird die Hauptstadt Addis Ababa sein und das anstehende Wochenende wollen wir lieber noch in aller Ruhe hier am See verbringen. So nutzen wir den “freien“ Tag schamlos aus, in dem wir erst einmal gehörig ausschlafen. Thomas steigt etwas vor Isabella aus den Federn, die schliesslich von einigen White-browed Sparrow-weaver vor unserem Fenster geweckt wird. Den Vormittag verbringen wir natürlich mit Kaffee hinter unseren Laptops bevor wir uns bereits kurz nach Mittag mit einem normalen Frühstück stärken. Später machen wir uns auf die Suche nach der Dusche, die nach knapp drei Tagen schon wieder einmal fällig wäre. Beim zur Lodge gehörenden Restaurant zeigt uns ein Weisser, der ein nordamerikanisches Englisch spricht und von dem wir annehmen, dass er der Manager ist, wo sie zu finden sind. Als wir auch noch gleich bezahlen wollen verwirrt er uns etwas mit der Aussage, dass er mit dem Camping nichts am Hut habe, aber jemanden vorbeischicken werde. Die Dusche schafft es locker in die Top-drei der übelsten Duschen auf unserer gesamten Reise. In dem mit einer verschissenen Toilette kombinierten Raum riecht es so übel, dass sich Isabella fast übergeben muss. Wir gehen zurück zum Restaurant um zu reklamieren, ob der Mann nun zuständig ist oder nicht. Isabellas ungetürkte Wut- und Ekeltränen scheinen Eindruck zu machen, denn zu unserer Überraschung bietet er uns an, in seinem privaten Bungalow auf dem Gelände das Badezimmer zu benützen, was wir natürlich gerne annehmen. Allerdings sieht es auch dort nicht gerade blitzblank aus, um es einmal milde auszudrücken und mindestens zwei der ungeliebten braunen Krabbeltiere machen uns ihre Aufwartung. Dafür haben wir warmes Wasser aus einem brandneuen Boiler. Als wir zurück zum MGD kommen wartet dort schon eine junge, weisse Dame auf uns um das Geld fürs Camping zu kassieren. Sie ist die Tochter des Besitzers und damit endlich die richtige Adresse für unsere Klage. Isabella fragt angesichts der desolaten Sanitäreinrichtung gleich nach einem Rabatt, für den die junge Dame aber erst ihren Vater fragen muss. Als sie zurückkommt staunen wir nicht schlecht, dass wir nun “nur“ noch soviel bezahlen müssen, wie uns gestern der Mann am Eingangstor als Preis genannt hat. Schliesslich einigen wir uns darauf, dass wir nur eine Nacht zum ursprünglich genannten Betrag bezahlen. Hier in dieser Lodge passt uns aber einfach zu vieles nicht zusammen und wir beschliessen bereits morgen nach Addis zu fahren, statt auch den Sonntag noch hier zu verbringen. Da es tagsüber auf 1’500m wieder ganz schön warm wird ist endlich wieder einmal ein Bier angesagt, das wir gemütlich am Strand trinken. Auch heute zaubern wir uns wieder ein Schlemmermahl auf den Tisch: Thomas wirft ein Feuer an und Isabella macht ein Safranrisotto. Allerdings müssen wir erst noch die Gasflasche wechseln, bevor die Bouillon für den Reis zum Kochen gebracht werden kann. Zum Risotto gibt’s feine Cervelats vom Grill und dazu einen Tomatensalat. Was, ausser einer annehmbaren Dusche, will man mehr?

Sonntag, 20.02.2011 – Addis Ababa

Kurz und bündig: Heute fahren wir nach Addis Ababa. Die Fahrt geht bei schönstem Wetter weiteren Rifttalseen entlang. Auf dieser Nord-Süd-Achse herrscht erstaunlich viel Verkehr, der die gute Teerstrasse für einmal gegenüber Fussgängern und Rindviechern prioritär benützen darf. Jedenfalls müssen wir nur einige wenige Male wegen Tieren auf der Strasse bremsen, ausweichen oder anhalten, und die Hirtenjungen geben sich tatsächlich Mühe, ihre Herden zu führen. In Mojo biegen wir nach links ab und verlassen das Rifttal langsam und unspektakulär, aber sicher in Richtung äthiopisches Hochland. In Akaki, wenige Kilometer vor der Hauptstadt, bekommt Obelix zum ersten Mal seit Nairobi wieder etwas Diesel, und sei es nur, damit Isabella nicht mehr die ganze Zeit nervös auf die Tankanzeige schauen muss, deren Zeiger tief im roten “Reserve“-Bereich steht. Wir kommen recht früh nach Addis und lassen die ursprüngliche Idee, zuerst einen Supermarkt zu suchen sausen und steuern statt dessen gleich Wim’s Hollandhouse an. Wir wissen, dass die Platzverhältnisse noch enger als in der Jungle Junction in Nairobi sind und wollen nicht zu spät dort ankommen. Wir finden den Platz mitten in der Stadt nahe des Bahnhofs ziemlich problemlos und entdecken bei Wim doch tatsächlich den grossen Volvo von Sabine und Ferdinand. Sie sind auch erst vor zwei Stunden angekommen und wir fragen uns, wo wir wohl Obelix nun hinstellen können. Wim bietet uns den Vorplatz seines Biergartens an. Die Einfahrt ist zwar etwas eng, aber es passt schon. Wir schnappen uns ein Bier und setzen uns zu den beiden Deutschen, mit denen wir ja schon in Nairobi die eine oder andere Stunde verplaudert haben. So geht der Rest des Nachmittags vorbei, bevor wir uns endlich richtig einrichten. Wir beschliessen das Kochen heute sein zu lassen und statt dessen im Restaurant vor unserer Haustüre zu essen. Dort sitzen inzwischen auch schon Sabine und Ferdinand und das Geschnacke kann gleich weiter gehen. Wir bestellen schliesslich eine Pizza, die richtig gut ist, aber draussen viel zu schnell kalt wird. Man merkt gut, dass wir hier wieder auf fast 2’400m über Meer sind. Der kalte Wind hat uns schon lange veranlasst, die Faserpelzjacke zu montieren, und wir sind für einmal froh, dass wir nach dem Genuss der Pizza in unser noch richtig schön warmes MGD zügeln können.

Montag, 21.02.2011 – Addis Ababa

Auch dieser Platz ist dafür, dass er mitten in der Stadt liegt erstaunlich ruhig, so dass wir gar nicht schlecht schlafen. Es gäbe das eine oder andere zu tun, aber irgendwie wissen wir nicht recht, wo wir jetzt anfangen sollen. So setzen wir uns erst mal hin und trinken einen Kaffee, kämpfen uns durch die restlichen Bilder von Kenia und essen dann auch endlich mal was. Es ist ja schliesslich bereits Mittag geworden und dafür gibt’s auch etwas rechtes, nämlich Spiegeleier in der Sunny Side Down Variante. Danach kommt Asterix aus seiner Garage, denn mit ihm wollen wir uns in den nächsten Tagen in der Stadt bewegen. Am Nachmittag reden wir längere Zeit mit einem Franzosen, den wir bereits am Lake Langano angetroffen hatten, und der mit seiner Frau und ihrem Iveco-Wohnmobil auf einer grösseren Runde durchs nordöstlichste Afrika ist. Sie wollen nun via Djibouti nach Jemen und in den Oman, im Moment alles eher ungemütliche Pflaster. Der Nachmittag wird durch die Gespräche natürlich nicht sehr produktiv und damit ist von dem einen oder anderen, das zu tun wäre, nichts erledigt. Immerhin bringt es Thomas noch fertig, eine äthiopische SIM-Karte fürs Natel aufzutreiben, mit der wir sogar auch das Internet wieder benützen können. Fürs Bier, das es hier vom Zapfhahn gibt, setzen wir uns auch heute in den Garten des Restaurants. Angesichts der relativ günstigen Preise, relativ, weil es für uns günstig, für Äthiopien aber eher teuer ist, lassen wir uns auch heute bekochen. Isabella isst Rindsbraten mit gebratenen Kartoffeln und frischem Gemüse, Thomas geräucherte Würste mit Kartoffelsalat. Wir sind von der Qualität der Speisen absolut überrascht, alles ist hervorragend gekocht und liebevoll angerichtet. Wenn es keine Spätfolgen gibt, werden wir uns wahrscheinlich noch das eine oder andere Mal aus Wims Küche verköstigen lassen.

Dienstag, 22.02.2011 – Addis Ababa

Heute stellen wir tatsächlich den Wecker, denn um acht Uhr wollen Ferdinand und Thomas damit beginnen, den defekten Reifen des Volvos zu reparieren. So meldet sich Thomas nach einem Kaffee im Übergwändli bei Ferdinand zur Arbeit. Es geht zwar nicht so schnell und dauert den ganzen Vormittag, aber am Schluss ist der Reifen wieder gepumpt auf der Felge und verliert keine Luft mehr. Isabella ärgert sich derweil mit der langsamen Internetverbindung übers Handy herum. Es gelingt ihr gerade einigermassen die e-Mails runterzuladen. Am Nachmittag versucht dann Thomas in über drei Stunden wieder einmal die Übersicht über unsere Finanzen zu gewinnen. Es gelingt ihm nur knapp, denn die Leitung ist so langsam, dass der Browser immer wieder das Gefühl hat, die Verbindung sei unterbrochen. Am Abend setzen wir uns zu Sabine und Ferdinand ins Restaurant. Sie haben uns als Dank für Thomas’ Mithilfe beim Reifenflicken zum Essen eingeladen. So geniessen wir einmal mehr einige Biere, die gute Küche und nette Gesellschaft. Danach gibt’s bei ihrem Truck noch ein Tröpfchen feinen, südafrikanischen Rotwein, bevor wir uns, nicht ganz so spät wie damals in Nairobi, in unser MGD verabschieden.

Mittwoch, 23.02.2011 – Addis Ababa

Nachdem wir uns von Sabine und Ferdinand verabschiedet haben, sie fahren nun wieder Richtung Süden, montieren wir die Motorradjacken und satteln Asterix um in der Stadt herumzudüsen. Als erstes steuern wir die ägyptische Botschaft an um da um ein Visum nachzusuchen. Als wir hören, dass es vier Arbeitstage daure bis die Visa ausgestellt sind wollen wir es schon sein lassen, denn die Visa gibt es auch bei der Einreise in Assuan. Die Angestellte stellt uns dann aber die Visa auf Freitag in Aussicht. Im Moment hätten sie, auf Grund der erst kürzlich abgeebbten Unruhen, die in der Entmachtung von Präsident Mubarak gipfelten, nicht so viele Anträge zu bearbeiten. Wir haben eigentlich alle benötigten Unterlagen dabei, ausser den Nachweis, dass wir die zu bezahlenden 310 Birr pro Person legal gewechselt haben. Da wir vom Vorschlag der Anstellten, doch einfach zur nächsten Bank zu fahren und 50 US$ zu wechseln nicht sonderlich angetan sind, holt Thomas im MGD schnell die Wechselquittung unseres ersten Geldwechsels in Arba Minch. Isabella füllt derweil in der Botschaft die Antragsformulare aus. Unser Antrag auf drei Monate wird leider nicht akzeptiert, wir könnten maximal dreissig Tage erhalten. Das ist ein bisschen ärgerlich, denn angesichts der bekanntermassen gigantischen, undurchsichtigen und korrupten ägyptischen Bürokratie dürfte eine Verlängerung im Lande schwierig werden. Wie auch immer, die Anträge sind kurz vor zwölf Uhr eingereicht und wir können weiter. Um zur Schweizer Botschaft zu fahren ist es nun zu spät und so suchen wir statt dessen den Bambis Supermarkt an der Haile Gebre Selassie Road auf, der einer der besser sortierten in der Stadt zu sein scheint. Der Laden muss wohl in griechischen Händen sein, denn es werden viele Importprodukte aus Griechenland verkauft. Wir kaufen etwa soviel ein, wie wir in unser Topcase packen können und sind dann am frühen Nachmittag wieder bei Wim’s. Es wird gerade zwei Uhr und wir schauen uns mit einem kleinen Bier die Nachrichten auf BBC an. Unsere eh minimen Chancen, von Ägypten durch Libyen nach Tunesien fahren zu können sind mit den Unruhen in Libyen unendlich weit gegen Null gesunken. Da wir uns heute erst von Kaffee und Gerstensaft ernährt haben ist es langsam Zeit, etwas Rechtes zu essen. Wie üblich helfen Käse und Aufschnitt. Danach ist wieder mal etwas Arbeit an den Laptops angesagt und schliesslich, nach dem Feierabendbier, das Abendessen, das wir uns heute wieder einmal selber kochen. Wir haben im Supermarkt Fleisch gekauft, dessen eine Hälfte wir in ein chinesisches Gericht, “Beef with Cashews“, verwandeln. Heute verzieht sich für einmal Isabella rasch ins Schlafzimmer, denn Kopfweh bekämpft man am Besten immer noch mit Bettruhe.

Donnerstag, 24.02.2011 – Addis Ababa

Am frühen Morgen raubt uns einer der Hunde, die auf den drei Grundstücken von Wim wohl eine Wachfunktion haben, den Schlaf. Direkt vor unserem Fenster bellt er, was er kann. Nur wenig später beginnt der orthodoxe “Muezzin“ aus dem Lautsprecher einer nahen Kirche zu plärren. Es tönt ähnlich wie von einem Minarett, nur dass der Priester den Äther stundenlang akustisch verschmutzt. Irgendwie finden wir dann aber doch noch einmal ein paar Minuten Schlaf bevor wir den Tag richtig beginnen. Wim hat uns angeboten, bei der Beschaffung von temporären Importbewilligungen für Asterix und Obelix behilflich zu sein. Weil es in Omorate bei der Einreise ja keinen Zoll gab, sind die beiden nicht wirklich legal im Land, und mit diesen Papieren sollte es bei der Ausreise, oder bei Kontrollen im Land, keine Probleme geben. Nachdem wir alle Unterlagen zusammen haben fährt Wim mit Thomas in einem Taxi eine halbe Stunde quer durch die Stadt zur Zollbehörde. Dort ist der Mann, der die Papiere jeweils ausstellt nicht im Büro und so kommt es, wie es kommen musste: “Nein, so etwas stellen wir hier nicht aus...“ Das Carnet können, dürfen, oder wollen sie auch nicht stempeln, so dass wir nach fünf Minuten unverrichteter Dinge wieder abziehen. Damit haben wir diesen Vormittag vergeudet, oder mindestens den grösseren Teil davon, denn zwischen elf und zwölf holen wir unser Frühstück mit dem dunklen, knusprigen, aber auch teuren Brot aus dem Supermarkt nach. Am Nachmittag fährt Thomas mit Asterix zur Hauptpost in die Stadt um einen Brief aufzugeben. Anschliessend hält er noch etwas Ausschau nach weiteren Supermärkten, vor allem aber sucht er über eine Stunde lang vergeblich einen Geldautomaten der auch noch etwas Geld ausspuckt. Immerhin findet er die deutsche Bäckerei gegenüber dem neuen Intercontinental Hotel, aus dem unser feines Frühstücksbrot von heute morgen stammt. Da wir das meiste davon schon gegessen haben, kauft er gleich noch ein Brot, mit einem Berliner und einem Spitzbuben als Zugabe. Als er zu unserem Standplatz zurückkommt ist Isabella dabei, dass Innere unseres MGD wieder einmal etwas gründlicher zu reinigen. Da kommt Thomas gerade, wenigstens fast, rechtzeitig. Nachdem das erledigt ist wollen wir duschen. Leider hat die eine Dusche kein Wasser und die andere, die wir letztes Mal in einem Zimmer benützen konnten, ist besetzt. So bietet uns Wim freundlicherweise die Dusche in seinem Haus an, damit wir nicht die auch noch verfügbare kalte Dusche erleiden müssen. Dafür soll Thomas einen italienischen Land Cruiser umparkieren, was nach der Dusche prompt erledigt wird. Danach geht es aber endlich ins Bier und anschliessend in unsere Küche. Aus dem zweiten Teil des Fleisches von gestern gibt es heute ein Curry, lecker wie immer.

Freitag, 25.02.2011 – Addis Ababa

Heute müssen wir auch wieder zeitig aus den Federn, denn es ist höchste Zeit für einen Besuch bei der Schweizer Botschaft in Addis. Für Thomas bedeutet das etwas wenig Schlaf, denn er hat sich nächtens noch viel zu lange mit unserer ausnahmsweise etwas widerspenstigen, externen Festplatte herumgeschlagen. Nach einem Kaffee geht’s mit Asterix auf die Suche nach der helvetischen Vertretung, von der wir nur einen ungefähren Standort beim alten Flughafen kennen. Wachmänner der finnischen Botschaft helfen uns schliesslich, dass wir sie auch finden. In erster Linie kommen wir hierher um eine offenen Rechnung zu begleichen. Urs Ammann, der sich unser annimmt meint, dass bisher alle Personen die dieses für Äthiopien nötige Bestätigungsschreiben für ihre Fahrzeuge verlangt und erhalten haben auch vorbeigekommen sind, um es zu bezahlen. Offensichtlich ist die Zahlungsmoral der Schweizer einiges besser als die der Deutschen, denn Ferdinand, der ein gleiches Schreiben bei der deutschen Botschaft bezogen hatte, wurde als einer der wenigen begrüsst, die es dann tatsächlich auch bezahlen. Den Rest des Tages sind wir auf Einkaufstour, unterbrochen von einer kleinen Essenspause in unserem MGD. Dabei gehen wir bei einem Schweizer Metzger vorbei, dessen Adresse wir von Urs Ammann erhalten haben. Der Besitzer ist leider nicht im Verkaufsladen sondern im Produktionsbetrieb, so dass wir ihn nicht nach den vergeblich gesuchten Cervelats fragen können. Der Betrieb scheint sich auf das Räuchern von Fleisch und die Herstellung von Wurstwaren spezialisiert zu habe, denn Frischfleisch gibt es hier keines. Wir kaufen trotzdem das eine oder andere ein, darunter Landjäger, Bratwürste und Mostbröckli. Am frühen Abend, als Isabella die Einkäufe verräumt, macht sich Thomas noch einmal auf die Suche nach Geld. Auch heute weigern sich alle Geldautomaten die Thomas schon ausprobiert hat Geld auszuspucken, auch die im Sheraton Hotel. Ein Angestellter des Hotels gibt ihm den Tipp, es doch bei der Bank im Hotel zu versuchen, die hätten ein Kreditkartenkästchen. So kommt Thomas doch noch zu einer schönen Stange Geld, wenn auch mit einer zweieinhalb prozentigen Kommission verbunden. Einen grossen Teil des Geldes werden wir dafür verwenden, Obelix für die Runde durchs nördlichen Äthiopien genug Diesel zu spendieren. Gleich neben unserem MGD wurde im Garten eine Art Zelt aufgestellt, denn heute abend findet ein Essen statt. Als Thomas bei Sonnenuntergang zurückkommt hat es gerade begonnen. Um richtig mit Kochen zu beginnen ist es schon reichlich spät und nach dem hektischen Tag in der schmutzigen Stadtverkehrsluft wollen wir erst mal mit einem Bier den Staub aus unseren Kehlen spülen. So bleibt unsere Küche geschlossen und wir versorgen uns ein letztes Mal aus der von Wim. Isabella bestellt heute die Würste mit dem Kartoffelsalat und Thomas Saté-Spiessli. Mit den drei Spiesschen wir Thomas auch nicht dicker, aber dank Isabellas Grosszügigkeit, die ihm etwas von den Würsten und dem Salat überlässt, muss er nicht ganz verhungern...

Samstag, 26.02.2011 – Addis Ababa

Es gab schon ruhigere Nächte. Verantwortlich ist ausgerechnet einer der Wachhunde, der mitten in der Nacht wie ein Irrer bellt, auf dem Grundstück herumrast und mehr als einmal unseren Unterfahrschutz rammt. So sind wir am Morgen natürlich nicht ganz so fit, doch zum Glück haben wir bereits gestern entgegen unserem ursprünglichen Plan beschlossen, hier in Addis Ababa noch einen Tag anzuhängen. So können wir in Ruhe noch das eine oder andere im Internet nachschauen, einige Mails schreiben und ein klein wenig an unserer Homepage arbeiten. Nach dem Frühstück gehen wir zum nahen Bahnhofsplatz, wo immer einige Verkäufer mit Tomaten, Tomaten, Tomaten und wenig anderem Gemüse zu finden sind. Wir decken uns mit, na was wohl, Tomaten ein und einem Kilo Kartoffeln, das später nachgewogen sehr zum Ärger von Isabella überhaupt kein Kilo ist. Anschliessend sattelt Thomas ein letztes Mal in Addis Asterix um noch einmal einige Sachen einzukaufen. Isabella hat derweil zu Hause noch genügend zu tun. Das Hackfleisch das wir gestern eingekauft haben kochen wir zu unseren zwei Standardgerichten vor, so dass wir in den nächsten zwei Tagen unterwegs etwas weniger Arbeit haben. Dann will natürlich auch noch Asterix versorgt werden, und als das erledigt ist, ist es bereits etwas spät für ein Bier. Duschen dürfen wir noch einmal in Wims Haus, denn das ist die einzige warme Dusche, die auch Wasser hat. Zum Znacht gibt es etwas, womit wir heute morgen sicher nicht gerechnet haben: Grüne Spargeln. Für unser Schlemmergericht Spargel Lukullus fehlen uns aber einige Zutaten, so dass wir uns mit einer simplen Curry-Sauce zufrieden geben. Es schmeckt auch so nicht übel. Das Bier holen wir anschliessend in Form eines Schlummertrunks nach.

Sonntag, 27.02.2011 – Debre Markos

So, heute ist nun also definitiv weiterfahren angesagt. Auch die letzte Nacht waren wir dank dem Wachhund wieder ab und zu wach, aber entweder war es nicht ganz so schlimm, oder wir waren zu müde um uns gross stören zu lassen. Vor dem Frühstück bearbeiten wir noch kurz die Homepage, aber sonst ist es ein ganz normaler Fahrtagmorgen mit Frühstück und anschliessendem Zusammenpacken und Bereitmachen. Die Verabschiedung von Wim ist herzlich und kurz darauf klettern wir die Churchill Avenue hinauf nordwärts quer durch die Stadt in Richtung der Entoto Hills. Ausgangs der Stadt finden wir noch eine Total-Tankstelle, an der wir unsere beiden Tanks voll machen. Die Strasse klettert durch Eukalyptuswälder bis auf 2’800m hinauf, bevor sie sich über einen kleinen Pass in das um die 2’500m hoch gelegene äthiopische Hochland absenkt. Auf dieser Höhe fahren wir den grösseren Teil des Tages, abgesehen von einem Aufstieg auf 3’100m an einer Bergflanke zwischen Fiche und Gebre Guracha und der Durchquerung der Nilschlucht nach 200km Fahrt. Die Hochebene ist durchgehend landwirtschaftlich genutzt, das heisst, dass Quadratkilometer über Quadratkilometer unter dem Pflug stehen. Die Anbaumethoden mögen ja nicht die modernsten und effizientesten sein, aber warum Äthiopien immer wieder Hungersnöte erleidet ist bei diesem Anblick nicht nachzuvollziehen. Nach Goha Tsyon öffnet sich der Blick auf die Nilschlucht, einen gigantischen Canyon, dessen Sohle rund 1’500m tiefer liegt. Der blaue Nil, der sich mit dem weissen Nil, dessen Quelle wir in Uganda gesehen haben, in Khartoum im Sudan vereinigt, erscheint als dünnes Rinnsal am Grund des Canyons zu verlaufen. Die Strasse, die spektakulär hinunter führt, ist entgegen den Angaben in unserem von der Jahreszahl her eigentlich aktuellen Reiseführer geteert, auch wenn der Teer zum grossen Teil schon in erbärmlichem Zustand ist. Je weiter wir hinunter kommen, desto wärmer wird es, und als wir die neue, elegante Betonbrücke, die den Nil überspannt, überqueren zeigt Obelix’ Thermometer 39 Grad an. Jetzt aus der Nähe sehen wir, dass der Nil nicht gerade ein Rinnsal ist und zügig fliesst, aber verglichen mit dem weissen Nil dürfte die Wassermenge doch eher bescheiden sein. Kaum über die Brücke beginnt Obelix wieder zu klettern, denn selbstverständlich geht die Hochebene auf der anderen Seite auf derselben Höhe weiter. Oben angekommen begegnet uns ein deutsches Overlander-Fahrzeug und wir halten an um ein Viertelstündchen über das woher und wohin zu plaudern. Hier endet auch die, abgesehen von der eigentlichen Schluchtdurchquerung, perfekte, von Japan finanzierte Teerstrasse und eine wesentlich holprigere beginnt, auf der wir viel langsamer vorwärts kommen. Manchmal sind 20km/h noch zu viel und immer mal wieder fehlen kurze Stücke Teer. Wir schaffen es trotzdem kurz vor Sonnenuntergang unseren Zielort Debre Markos zu erreichen. Hier steuern wir das Shebel Hotel an, aber der Rezeptionist ist was unseren Parkplatz betrifft nicht gerade sehr kooperativ und wir suchen uns eine andere Übernachtungsmöglichkeit. Die Hotels haben alle keine sehr grossen Parkplätze und so versuchen wir es wieder einmal bei einer Tankstelle. Fast schon zu unserer Überraschung dürfen wir uns gratis hinstellen, auch wenn unser Platz einen Meter neben der Kerosin-Tanksäule nicht gerade unser Traum ist. Isabella vollendet rasch das bereits vorgekochte Gehackte und wir können im Nu unser geliebtes “Ghackets mit Hörnli“ geniessen. Ein schöner Schlusspunkt zu einem anstrengenden, aber imposanten und stressfreien Tag.

Montag, 28.02.2011 – Bahir Dar

Dafür, dass wir an einer Tankstelle nur einige Meter neben der Hauptdurchgangsstrasse der Stadt stehen schlafen wir erstaunlich gut. Einzig auf das um vier Uhr morgens mittels Lautsprecher ausgestrahlte Morgengebet der orthodoxen Kirche hätten wir gerne verzichtet. Nach dem Frühstück sind wir um neun Uhr bereits auf der Strecke, deren Teer ab hier wieder erste Sahne ist. Die Landschaft ist sehr ähnlich wie diejenige von gestern. Es herrschen wieder weite Felder vor, aber öfter sind entlang der Strasse und bei kleinen Siedlungen auch schnell wachsende Eukalyptus angepflanzt. Ab und zu stehen denn am Strassenrand auch einige kleine Holzverarbeitungsbetriebe. Auf den Äckern ist alles abgeerntet und trotz verschiedener Stadien der nachfolgenden Feldbearbeitung sehen wir niemanden auf den Feldern arbeiten. Wahrscheinlich ist jetzt nicht die Zeit dazu. Wir haben das Gefühl, dass es heute etwas mehr auf und ab geht, auf jeden Fall ist die Fahrt unter dem blauen Himmel ein Hochgenuss. Auch am Strassenrand bleibt alles ruhig. Es sind zwar wie immer extrem viele Leute unterwegs, aber wir treffen auf eher wenige Kinder, und nur einmal schmeisst ein Junge einen Stein hinterher, als wir bereits aus seiner Reichweite sind. Unterwegs halten wir zweimal an. Zuerst in Finote Selam um Früchte, Brot und Bier zu kaufen und am frühen Nachmittag in Dangla um einen Kaffee zu trinken. Bereits vor drei Uhr nachmittags haben wir unsere gut 250km abgespult und erreichen den auf 1’800m über Meer gelegenen grössten See von Äthiopien, den Lake Tana. In Bahir Dar fahren wir zum Ghion Hotel, das direkt am See gelegen ist. Wir handeln den verlangten Betrag um dreissig Prozent hinunter, womit wir einen realistischen Preis bezahlen. Um zu duschen erhalten wir ein Zimmer, aber darin fliesst kein Wasser. Auch im nächsten Zimmer, dessen Schlüssel wir erhalten, ist es gleich und wir sind etwas sauer. Der Mann an der Rezeption meint, sie müssten erst Wasser in die Drucktanks pumpen, aber wir sind skeptisch, ob das in den versprochenen fünf Minuten erledigt ist. Um nicht noch länger herumhängen zu müssen gehen wir halt erst einmal auf ein Bier ins Restaurant unter den Bäumen. Als das St. George geleert ist versuchen wir es äusserst skeptisch nochmals mit der Dusche und siehe da: Wasser marsch! Wir sind für einmal positiv überrascht und geniessen die Dusche. Anschliessend halten wir in der schönen Gartenanlage des Hotels mit ihren hohen Bäumen nach Vögeln Ausschau. Es gibt einiges zu sehen, so zum Beispiel Red-billed Firefinch, Tropical Boubou, African Paradise-flycatcher, Grey oder Grey-headed Woodpecker, Mountain Trush und sogar einen Giant Kingfisher, eine Eisvogelart, die wir schon länger nicht mehr gesehen haben. Tief über den See fliegen immer wieder Staffeln von Pelikanen und einmal rauscht ein Silvery-cheeked Hornbill über unsere Köpfe. Nicht schlecht. Auch nicht schlecht ist unser Nachtessen, das wie gestern schnell gemacht ist, denn schliesslich müssen die Hacktätschli nur noch in der Pfeffersauce gewärmt werden. Dazu gibt es die üblichen Krawättli und einen Tomatensalat. Und natürlich ein Glas Wein, das gehört sich so...

Dienstag, 01.03.2011 – Bahir Dar

Eigentlich wäre es auch heute eine ruhige Nacht, wenn vor unserer Tür nicht wieder einmal komische Geräusche zu vernehmen wären. Thomas meint im Halbschlaf, das sei sicher der Nachtwächter, aber Isabella will es genauer wissen und steht auf. Im fahlen Licht einer Laterne sieht sie ein Tier, das sich im Schatten eines Busches versteckt. Als es davon trottet denken wir an einen Mungo, doch gemäss unserem Bestimmungsbuch das wir am Morgen konsultieren dürfte es eher ein Otter gewesen sein. Wir finden nochmals etwas Schlaf, bevor die Sonne uns den neuen Tag bringt. Doch die Geschichte dieses Tages ist schnell erzählt, denn nach einem Kaffee gehen wir wieder einmal an unsere Wäsche. Bis am frühen Nachmittag ist der Berg gewaschen und wir haben uns eine kleine Stärkung verdient. Die bereits geschnittenen Mostbröckli aus der Schweizer Metzgerei in Addis sind zwar etwas trocken, schmecken sonst aber ausgezeichnet. Als die Wäsche dann trocken und versorgt ist gibt es noch etwas Aufregung, denn das ausgetretene Blut unseres Rindsfilets hat sich in der Kühlschrankschublade verteilt. Diese Reinigung hatten wir eigentlich nicht im Plan und verzögert unser wohlverdientes Feierabendbier. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben und nach der Dusche laben wir uns im Gartenrestaurant wieder an einem St. George. Dem Rindsfilet, das für drei Mal reicht, geht es heute an den Kragen. Die Portionen werden zugeschnitten und die für heute bestimmten, dünn geschnittenen Tranchen enden als mariniertes Curry. Dazu gibt es etwas vom vielen Gemüse das wir noch im Kühlschrank horten. Das Beef Curry “Durban“ schmeckt auch in Bahir Dar ganz gut, obwohl für einmal Thomas die Marinade, natürlich unter fachkundiger Anleitung, angerichtet hat.

Mittwoch, 02.03.2011 – Bahir Dar

Endlich wieder einmal eine ruhige Nacht. Isabella schläft wie ein Stein, so dass man annehmen muss, dass sich auch Thomas für einmal ruhig verhalten hat. Wir haben es nicht sehr eilig mit aufstehen und brauen uns wie so oft erst mal einen Kaffee. Dann aber sind wir schon bald fleissig, wir schauen uns über tausend geknipste Bilder von Äthiopien an und verschieben die schlechten in den Papierkorb. Damit haben wir uns unser Frühstück natürlich längstens verdient. Später nimmt sich Thomas endlich wieder einmal den Küchenchromstahl vor, während Isabella an der Homepage arbeitet. Mit der Handy-Internetverbindung hat Thomas heute gar kein Glück, während Isabella immerhin Mails runterladen kann. Verglichen mit anderen Ländern in Afrika ist Äthiopien in Sachen Handynetz wohl etwa so viele Jahre im Rückstand wie sein Kalender hinterher hinkt. Am späteren Nachmittag gehen wir noch auf einen kleinen Spaziergang. Wir wollen sehen, ob wir irgendwo Brot finden und auf dem Rückweg entlang der Strandpromenade unser abendliches Bierchen trinken können. Obwohl sehr viele Leute unterwegs sind und Bahir Dar keinen besonders guten Ruf besitzt, was Belästigungen durch Guides und dergleichen betrifft, können wir unseren Rundgang praktisch ungestört machen. Eine Art Zopfbrot finden wir auch, nur das Bier müssen wir schliesslich doch im Restaurant unseres Hotels trinken. Danach gibt es Rindsfilet, 2. Teil. Heute kommen fünf dickere Scheiben ins heisse Öl der Bratpfanne. Nach konventioneller Art gebraten gehört natürlich etwas Knoblauchbutter dazu. Zusammen mit Nudeln und einer Gemüsepfanne aus Blumenkohl, Broccoli und gedämpften Tomaten haben wir an einem ganz gewöhnlichen Mittwoch ein Festtagsmenu. Bei Thomas verfliegt nach dem Schmaus die Festtagsstimmung allerdings wieder etwas, als er den Herd sauber machen muss...

Donnerstag, 03.03.2011 – Awuramba

Heute haben wir uns einiges vorgenommen. Der erste Punkt ist mit den Vögeln aufzustehen, was nichts anderes heisst, als dass eine Viertelstunde vor Sonnenaufgang unser Wecker piepst. Wir pirschen durch den Garten des Hotels und etwas der Uferpromenade entlang, wo wir wieder die verschiedensten Vögel beobachten können. Als wir genug gesehen haben, setzen wir uns kurz ins Gartenrestaurant und bestellen einen frischen Mangosaft, den wir hier in den letzten zwei Tagen viele Touristen haben trinken sehen. Es dauert etwas bis der Saft kommt, aber es lohnt sich, wir erhalten praktisch eine feine Mango in dickflüssiger Form. Kurz nach halb zehn Uhr fahren wir los und steuern nochmals kurz den Supermarkt in der Stadt an, in dem wir gestern das gute Zopfbrot gekauft hatten. Weiter geht es durch die Hauptstrasse von Bahir Dar in dem nicht einmal besonders viel Verkehr herrscht. Wir fahren auf der mittleren von drei Fahrspuren und überholen in gemächlichem Tempo einen Velofahrer in der rechten Spur. Isabella bemerkt, dass der über die ganze Spurbreite nach links driftet und uns immer näher kommt. Schliesslich sieht auch Thomas im Rückspiegel die Annäherung, bis der Fahrer schliesslich Obelix etwa auf der Höhe des Dieseltanks touchiert. Was um Himmels Willen macht der junge Mann bloss! Er verliert das Gleichgewicht und stürzt. Thomas hält sofort an, zu unserer Verblüffung überholt uns nun das führerlose Velo rechts und rollt auf das Trottoir zu. Der Bursche muss durch die Berührung von Obelix irgendwie vom Fahrrad geholt worden sein, auch wenn wir uns das nicht richtig erklären können. Auf jeden Fall haben wir riesiges Glück, dass er uns nicht vor das Hinterrad gefallen ist, denn an die möglichen Folgen dürfen wir gar nicht denken. So nahe wie jetzt sind wir in den ganzen gut drei Jahren noch nie an einem schweren Unfall vorbeigeschrammt. Der junge Mann steht sofort wieder auf den Beinen und humpelt zwar, macht aber keine Anstalten, dass er von uns etwas will. Auch die vielen Leute auf der Strasse scheinen den Vorfall kaum wahrgenommen zu haben und reagieren nicht. So machen wir, was in einer solchen Situation in Afrika ratsam ist, uns aus dem Staub, bevor sich die Situation unangenehm verändert. Wir fahren weiter zum zweiten Punkt auf unserer heutigen Agenda, dem 30km und für uns damit eine gute Stunde entfernten Blue Nile Fall. Wir erwarten nichts Grossartiges, denn die Fallhöhe wird heute zur Elektrizitätsgewinnung genutzt, was nicht anderes heisst, als dass der grössere Teil des Wassers nicht über die Fallkante stürzt, sondern zu den Turbinen geleitet wird. Was wir antreffen sind dann nicht gerade die Viktoriafälle, aber es ist doch erheblich mehr Wasser als erwartet, was einen ganz anständigen Wasserfall ergibt und die je 15 Birr Eintritt sehr wohl lohnt. Wir holpern zurück nach Bahir Dar und hoffen, dass uns wegen des Vorfalls vom Vormittag nicht noch die Polizei erwartet. Wir kommen aber ungeschoren durch die Stadt und setzen gleich Kurs Nordost. Wir fahren mehr oder weniger dem Tanasee entlang, bekommen ihn aber nur selten zu Gesicht. Auch hier ist die Gegend wieder intensiv landwirtschaftlich genutzt und die Felder sind zum Teil auch bewässert. Dabei kommen wir den berüchtigten Hungerzonen des Landes immer näher und einmal sehen wir am Rand der Strasse riesige Lagerhallen, die als Nahrungsmittel-Notvorratlager angeschrieben sind. Darin werden dann wohl die Reis-, Mais- und sonstigen Säcke aus dem Ausland eingebunkert. Unmittelbar nach Woreto biegen wir rechts auf eine neue Teerstrasse ab, die über dreihundert Kilometer nach Weldiya führt und in der Nähe des berühmten Lalibela vorbeikommt. Vorerst steuern wir aber ein Dorf nicht weit von der Abzweigung an, eine Selbsthilfegemeinde mit dem Namen Awuramba. Unter diesem Namen haben sich in den letzten 25 Jahren Menschen zusammengetan, die für einmal ohne direkte ausländische Projekthilfe, wie es scheint, etwas aufgebaut haben, das auch Bestand hat. Die Philosophie dahinter ist ein laizistisches Weltbild das will, dass es den Menschen möglichst hier und jetzt gut geht und nicht erst im Jenseits nach dem Tod. Die Werkzeuge dazu sind Arbeit, Moral und Solidarität. So gibt es hier ein Altersheim und einen Kindergarten, wenn auch auf einem für unsere Verhältnisse äusserst bescheidenen Niveau. Die Gemeinde finanziert sich vor allem mit einer einfachen Weberei, in der die Webstühle wohl so betrieben werden, wie bei uns vor 150 Jahren. Ausserdem müssen die Gemeindemitglieder für ihre Gemeinde Arbeit leisten, können darüber hinaus aber ihr Einkommen mit privaten Initiativen verbessern. Wie gut das ganze funktioniert, ist in drei Stunden wohl nicht wirklich in Erfahrung zu bringen, aber immerhin gibt es die Gemeinde doch schon einige Jahre und sie scheint zu gedeihen. Wir dürfen auch mitten im Dorf übernachten und stellen uns dazu zwischen zwei Bäume auf dem leicht schräg abfallenden Dorfplatz. Mit einigen Steinen unter den rechten Rädern können wir drin sogar kochen. Das ist wichtig, denn Isabella macht uns heute aus dem letzten Teil des Rindsfilets ein Filetgulasch Stroganow.

Freitag, 04.03.2011 – Lalibela

Man merkt, dass wir wieder einmal auf einem Dorfplatz nächtigen. Am frühen Morgen ist es vorbei mit der Ruhe und Isabella fühlt sich ganz und gar nicht ausgeschlafen als wir aufstehen. Wir geben uns trotzdem Mühe, zeitig hier wegzukommen, denn heute liegen einige Kilometer vor uns. Für die ersten beiden davon, die die Zufahrt von der Hauptstrasse bilden, benötigen wir auch heute morgen zwanzig Minuten, so ruppig ist der mit groben Steinen befestigte Weg. Dann aber geht es zügig auf der neuen Teerstrasse ost- und immer etwas bergaufwärts, bis wir mit fast 3’250m den höchsten Punkt des heutigen Tages erreichen. Danach fahren wir rund 100km lang immer in einer Höhe von über 2’600m. Zuerst ist es abwechslungsreiches, hügeliges Gelände das wir durchfahren, dann aber kommen wir an den Rand der Hochebene und wir haben fantastische Ausblicke in ein rund 1’000m unter uns gelegenes Tal auf der einen und dann ein ebensolches auf der anderen Seite. Die Strasse hält sich aber tapfer auf der Höhe und einmal überquert sie einen Grat sogar auf einer zinnenartigen Mauer. So erreichen wir dann Gashena ohne irgend einen Zwischenfall. Wir hatten aufgrund von Berichten anderer Reisender auf dieser Strecke mit Steine werfenden Kindern gerechnet, doch überraschenderweise wurde hier nur ganz selten gebettelt, dafür um so mehr freundlich strahlend zurückgewunken. In Gashena zweigt die Kiespiste nach Lalibela nordwärts ab und verlässt das Hochplateau steil sinkend. Schon bald stehen wieder Kinder am Weg und die Art des Winkens lässt uns bereits Böses ahnen. Zuerst sind wir schon zu weit entfernt, als wir sie im Rückspiegel Steine hinterherschmeissen sehen, aber dann knallt ein Stein an ein Astabweiserrohr und Thomas steht auf die Bremse. Die Übeltäter machen sich natürlich sofort aus dem Staub, wir können nichts machen. Auch die Erwachsenen hier mögen meist nicht Grüssen, und wenn, dann nur mit einem mürrischen Gesichtsausdruck. Als wir später wieder einmal anhalten, diesmal weil ein Mädchen einen Stein geworfen hat, und dann wieder anfahren findet ein kleiner Junge, auch er müsse nun noch einen Stein hinterherwerfen. Grosser Fehler! Thomas hält sofort an, springt aus dem Fahrerhaus und rennt dem Kleinen hinterher. Der hat keine Chance zu entkommen, denn sein Vorsprung ist zu gering und seine Beine zu kurz. Thomas verabreicht dem schreienden Übeltäter auf dem Acker auf dem er ihn einholt eine Tracht Prügel, so dass es alle rundherum sehen können. So geht das! Nicht, dass es da einen zwingenden Zusammenhang gäbe, aber dies ist der letzte derartige Zwischenfall auf dem restlichen Weg bis Lalibela. Rund fünfzehn Kilometer vor der Stadt erreichen wir wieder Teer, der vom Ort zum Flughafen führt. Die mehr schlechte als rechte Strasse führt zum Teil sehr steil in die in rund 2’500m Höhe gelegene Ortschaft mit ihren Steinkirchen. Wir suchen einem Tipp von Sabine und Ferdinand folgend das Mountainview Hotel auf. Doch dort sollen wir fürs Parkieren fünfzehn Franken bezahlen, eindeutig zuviel um nicht einmal eine Dusche benützen zu können. Im nahe gelegenen Yemreha Hotel hingegen sind sie etwas flexibler, dort können wir für weniger Geld im sehr sauberen Bad eines Zimmers auch noch duschen. Hier in Lalibela ist alles teurer als anderswo. Auch für das Bier im Restaurant, das wir uns als Aperitif servieren lassen, bezahlen wir mehr. Danach, bereits etwas spät, kochen wir noch unser Nachtessen. Das Frischfleisch ist uns nun ausgegangen, aber wir haben noch einiges an Gemüse. So bietet sich natürlich ein Gemüsecurry an, in dem heute die restlichen Broccoli- und Blumenkohlröschen landen. Nach vielen schönen, trockenen Tagen hat auch das Wetter wieder einmal Lust auf Abwechslung und schickt am Abend zumindest einige Sturmböen und Regentropfen zu uns. Zu einem richtigen Gewitter mag es sich dann aber doch nicht entschliessen.

Samstag, 05.03.2011 – Lalibela

Da wir wieder einmal viel zu spät schlafen gegangen sind kommen wir auch relativ spät aus unserer Koje und sind noch nicht richtig wach. So geht der Vormittag vorbei ohne dass wir richtig aus dem Haus kommen. Immerhin schaffen wir es zu frühstücken und kümmern uns kurz vor Mittag um unser Felsenkirchen-Sightseeing. Das Hotel bestellt einen Guide her, der schon nach wenigen Minuten angefahren kommt. Doch seine Preisvorstellung für eine ganztägige Tour morgen liegt weit weg von dem was wir bereit sind zu bezahlen, und ist mehr als dreimal so teuer als unser Reiseführer aus dem Jahr 2009 angibt. So wollen wir am Nachmittag mindestens einen Teil der Kirchen auf eigene Faust anschauen gehen. Doch das Wetter beginnt heute das selbe Spiel wie gestern, nur bereits kurz nach Mittag. Rund um uns herum hängen bereits Regenschleier von den Wolken, Sturmböen schiessen aus dem Tal herauf und ab und zu gibt es auch schon bei uns ein paar Tropfen. So blasen wir die Übung ab und bleiben zu Hause. Thomas sucht dafür endlich seine Fotos für die Fotogalerie von Uganda aus und Isabella bessert die in Awuramba gekauften Schals nach, denn deren Finish ist alles andere als befriedigend. Am Abend liegt eine schöne, goldene Stimmung über dem Tal gegen Westen und für uns ist es Zeit für unser St. George. Wir handeln mit dem älteren Herrn im Anzug, von dem wir nicht sicher sind, ob er im Hotel wirklich etwas zu sagen hat, oder einfach der Englisch sprechende Handlanger ist, aus, für 200 Birr zwei weitere Nächte bleiben zu können. Wir werden dann morgen rausfinden, ob wir uns auch richtig verstanden haben. Zum Znacht kommen heute die Bratwürste des Schweizer Metzgers aus Addis Ababa in die Bratpfanne, dazu gibt es eine alte Hero Fertigrösti und Bohnen. Die Würste haben zwar einen etwas unangenehmen Geschmacksunterton, aber mit der Zwiebelsauce und etwas Senf wird der einigermassen überdeckt. Danach gleichen wir noch unsere Fotoauswahl von Uganda ab, damit es hoffentlich nicht mehr allzulange geht, bis der Uganda-Update unserer Webseite aufgeschaltet werden kann.

Sonntag, 06.03.2011 – Lalibela

Heute sind wir nach dem Aufstehen etwas zielorientierter als gestern. Wir frühstücken und machen uns dann für unsere self-guided Felsenkirchen-Tour bereit. Wir kommen unbehelligt zum Ticket-Office und kaufen uns die mit 350 Birr doch ziemlich teuren Eintritts-Billette, die allerdings für vier Tage gültig sind. Als erstes schauen wir uns Bet Medhane Alem an, die grösste der aus dem Felsen gehauenen Kirchen. Im Innern herrscht ziemlich reger Betrieb und für einmal nicht von Touristen, sondern Einheimischen, die vom Priester einen wohl segnenden Abrieb mit dem Kreuz der Kirche erhalten. In der zweiten Kirche, Bet Maryam, fällt uns der schön ausgestaltete Innenraum auf, so gut man das im schummrigen Licht sehen kann. Die Kirche Bet Golgotha besitzt schöne in die Wand gemeisselte Reliefporträts von Heiligen. Kurz nachdem Isabella eingetreten ist, schickt sie der Priester wieder hinaus, denn Frauen dürfen diese als einzige der zwölf Kirchen in Lalibela nicht betreten. Der Ärger hält sich aber in Grenzen, denn sie erkennt, dass sie der Gottesdiener schon daran hätte hindern können, die Kirche überhaupt zu betreten, ihr also die Chance gegeben hat, sich wenigsten kurz umzusehen. Anschliessend gehen wir noch zur etwas entfernt liegenden, zumindest vom optischen Bekanntheitsgrad her aber berühmtesten Kirche von Lalibela, der Bet Giyorgis. Sie liegt als einzige nicht unter einem weissen Schutzdach, sondern unter dem blauen Himmel. Und sie besitzt die perfekte Form des Kreuzes. Doch der Wärter empfängt uns eine Viertelstunde vor der Mittagspause mit der Mitteilung, dass bereits geschlossen sei. Wir sehen uns die Kirche trotzdem kurz von aussen an und machen uns dann auch auf den Weg in die Mittagspause. Im Seven Olives Hotel kann man in einer schönen Gartenanlage mit vielen Vögeln gemütlich etwas essen. Wir bestellen uns zum ersten Mal in Äthiopien, abgesehen vom Fisch in Arba Minch, lokales Essen. Tibs ist gebratenes Rind an einer mässig scharfen, aber lecker gewürzten Sauce, das man mit Injera, einer Art kaltem Omelett aus einem lokalen Getreide hergestellt, isst. Das geschieht mit der Hand, indem man mit einem Stück Injera etwas Fleisch fasst und dies möglichst ohne zu sabbern in den Mund schiebt. Es schmeckt wunderbar und auch Stunden später bereuen wir unsere Wahl nicht. Aber inzwischen machen wir uns auf, die zweite Gruppe von Felsenkirchen anzuschauen. In der äusserlich imposanten Bet Gabriel-Rafael kommen wir auf die Idee, den Priester nach Weihrauchharz zu fragen, da wir eine ganze Schachtel davon herumliegen sehen. Gegen eine kleine Spende darf Isabella auch eine Handvoll davon mitnehmen. In der Bet Mercurios, die für einmal nicht komplett aus dem Felsen gehauen, sondern eine Höhlenkirche ist, gibt es noch etwas mehr davon. Bei der Bet Abba Libanos begrüsst uns der gemütlich auf der Treppe vor dem Eingang sitzende Priester, der offensichtlich zu einem kleinen Schwatz und einigen Spässchen aufgelegt ist. Dann aber kommen mehr Touristen und er muss seines Amtes walten, sprich sich in seine Robe werfen und die heiligen Kreuze präsentieren. Die Idee dahinter ist, dabei fotografiert zu werden und dafür einen kleinen Obolus zu kassieren. Wir sind aber weiterhin mehr am Weihrauch interessiert und hier bekommt Isabella das bisher beste Harz. Jetzt ist es aber höchste Zeit noch einmal zur freistehenden Bet Giyorgis zu gehen, denn wir möchten uns auch noch gerne deren Innenraum ansehen. Durch die Kreuzform des Gebäudes ist der Raum ziemlich beschränkt, der abgesehen davon auch nicht besonders attraktiv ausgeschmückt ist. Die Ausstrahlung dieser Kirche liegt eindeutig in ihrem genialen Äusseren. Dafür kriegen wir auch in dieser optisch vielleicht berühmtesten Kirche der Welt (wer hat nicht schon eine Fotografie von ihr gesehen?) nochmals etwas Räuchermaterial. Zufrieden mit diesem wunderbaren, interessanten und auch anstrengenden Tag machen wir uns auf den Rückweg ins Hotel, wo wir uns als erstes unter die Dusche stellen. Dann gibt’s natürlich ein Bier und wir bezahlen wie gestern abgemacht noch einmal 200 Birr fürs Übernachten. Wir können es fast nicht glauben, dass das einfach so und ohne Diskussionen klappt. Nun ist es aber höchste Zeit, uns unserem Znacht zu widmen. Trotz Mittagessen haben wir Hunger und braten die übriggebliebenen Bratwürste zusammen mit Teigwaren. Dazu gibt’s Bohnensalat und fertig ist das einfache, rustikale Abendessen.

Montag, 07.03.2011 – Souir

Heute fahren wir weiter. Wir haben aber keine Lust, uns auf der Strecke zurück nach Gashena nochmals mit Steinen bewerfen zu lassen und nehmen statt dessen die Piste, die gleich hinter unserem Hotel spektakulär in die Tiefe führt und dann nach Norden bis nach Axum hinauf durchs Hochland kurvt. Im Ort decken wir uns noch mit etwas Brot ein und bringen unseren Biervorrat auf Normalstand, denn die nächsten zwei bis drei Tage erwarten wir keine grossartigen Einkaufsmöglichkeiten. Dann geht es 500m in die Tiefe auf einer Piste, von der wir schon oft geträumt haben. Wir bringen fast einen Dreissigerschnitt hin und können schon mal mit 45 Sachen fahren. So geht das während rund achtzig Kilometern weiter durch eine grandiose Landschaft, in der Obelix von einem Pass zum nächsten klettert. Der höchste Punkt liegt auf gut 2’850m und wir sinken selten und dann nur kurz unter die Zweitausendermarke. Zwischenfälle mit Steinewerfern gibt’s heute nur zwei und von denen lassen wir uns unsere tolle Fahrt doch nicht vergellen. Nach einem recht grossen Ort, der in “Tracks for Africa“ als Asketama aufgeführt ist, wird die Piste deutlich schlechter, so dass wir nur noch mit unserer üblichen, durchschnittlichen Pistengeschwindigkeit vorwärtskommen. Was jedoch nicht schlechter wird ist die Landschaft, die ist weiterhin ein Traum. Nachmittags kurz nach drei Uhr kommen wir eher früher als gedacht nach Sekota und machen einen kurzen Kaffeestopp. Die Kellner kriegen wegen uns etwas Mehrarbeit, denn sie müssen immer wieder Kinder wegscheuchen, die sich die Faranji auf der Terrasse anschauen wollen. Als wir anschliessend gleich daneben in einem kleinen Laden noch einige Bananen kaufen sind wir natürlich von den Kleinen umringt. Es ist aber eine angenehme Begegnung, denn die Buben und Mädchen sind nur neugierig und betteln nicht. Ein einheimischer Mann mittleren Alters gesellt sich ebenfalls dazu und fragt ob wir Spanisch sprächen. Ja warum denn Spanisch, um Gottes Willen? Es stellt sich heraus, dass er die Sprache in Kuba gelernt hat und jetzt jede sich bietende Gelegenheit wahrnimmt, um seine Sprachkenntnis zu trainieren. Frisch gestärkt durch die erfreulichen Begegnungen und den starken Kaffee nehmen wir die nächste Etappe unter die Räder. Schon bald sehen wir in tiefe Täler, deren steinige Flussbette nicht sehr viel Wasser zu führen scheinen. Wir wissen, dass unser Weg in diese rund achthundert Meter tiefer gelegenen und viel wärmeren Gefilde führen wird und halten darum nach einem kühleren Schlafplatz noch hier in der Höhe Ausschau. Wir finden einen Platz neben der Piste mit einer tollen Aussicht, doch leider nicht gerade gut versteckt. Nach allem was wir wissen ist man bei einem Buschcamp in Äthiopien nach wenigen Minuten von Dutzenden von Leuten umgeben. Doch die Menschen, die auf der Piste unterwegs sind, bleiben zwar kurz stehen und schauen, gehen dann aber weiter ihres Weges. Meist haben sie ja Tiere dabei, Kühe, Schafe, Ziegen oder Esel, und die wollen sie wohl nach Hause bringen bevor es dunkel wird. So bleiben wir ungestört und können uns in aller Ruhe unserem Essen widmen. Wie meist in einem Buschcamp halten wir es einfach. Heute gibt es eine Berber-Pizza. Wirklich ruhig ist es dann aber doch nicht, denn der Wind heult über den Fels-Rücken auf dem wir stehen. Aber wir werden nach diesem tollen Tag wohl trotzdem ganz gut schlafen.

Dienstag, 08.03.2011 – Axum

Wir sollten doch wieder öfters ein Buschcamp machen, denn so gut wie letzte Nacht haben wir schon länger nicht mehr geschlafen. Aber zum Glück sind wir um sieben Uhr schon auf den Beinen, sonst wären wir vor Schreck wohl aus dem Bett gefallen, als kurze Zeit später jemand wie blöd an unser Haus klopft. Der Mann denkt wahrscheinlich, dass wir irgendwo ganz tief da drinnen sind und ihn fast nicht hören können. Wir fragen aus dem Fenster, was denn los sei, aber die wohl neugierigen Männer wollen nur sicher sein, dass wir kein Problem haben. Später, als wir frühstücken und zusammenräumen, steht nochmals eine Gruppe von Menschen um uns herum. Am Morgen haben die Leute offensichtlich mehr Zeit. Wir fahren los und stürzen uns in das Tal, über dem wir letzte Nacht thronten. Die Abfahrt ist wieder spektakulär bis wir schliesslich auf 1’200m einen Zufluss des Tekaze überqueren. Hier unten ist es deutlich trockener und es stehen viele Baobabs in der Landschaft. Auffallend ist auch, dass alle bis auf die grössten Flüsse komplett trocken sind. Es sieht fast so aus, wie wenn bei uns ein Bergbach, der gestaut wird, seine gesetzlich vorgeschriebene Restwassermenge nicht erhält. Nach diesem Abstieg wird die Landschaft etwas weniger interessant, meistens halten wir uns in diesem riesigen Abflussbecken auf und sehen die Berge als Kulisse. Die Piste ist weiterhin ein Genuss zu fahren, auch die vielen massiven Betonbrücken die wir hier überqueren zeugen vom tadellosen Pistenbau. Wir fahren durch die grösseren Orte Abergele und Yechilay und klettern schliesslich wieder etwas in die Höhe nach Abi Aday. Den in Betracht gezogenen Kaffeehalt lassen wir aus, denn wir sollten es noch locker bis nach Axum schaffen. Wir durchqueren nochmals ein gut fünfhundert Meter tiefes Tal, bevor wir über einen spektakulären Pass nach Adwa kommen, wo wir auf die Hauptstrasse zwischen Adigrat und Axum stossen. Nun ist es nur noch ein Katzensprung bis nach Axum, meinen wir... Doch die Teerstrasse, beziehungsweise was davon noch übrig ist, ist katastrophal schlecht und wir benötigen für die 25km noch eine ganze Stunde. Dies auch, weil wir zum Teil wieder einmal Baustellenpisten fahren müssen, denn auch hier sind die Chinesen am Werk. In Axum fahren wir zum Yeha Hotel und kommen dabei an den berühmten Steelen vorbei, die uns nicht besonders beeindrucken. Im Hotel wollen sie 30 US$ fürs Campieren und damit wissen wir, dass wir hier nichts verloren haben. In einer ruhigen Nebenstrasse in der Stadt ist das kleine Kaleb Hotel, das uns sofort anspricht. Hier können wir uns, Dank Isabellas Verhandlungsgeschick, für 80 Birr, oder knapp 5 US$, in den schönen grünen Innenhof stellen, wobei Manager und Angestellte sofort behilflich sind, etwas zu tief hängende Kabel in die Höhe zu halten. Hier könnte es uns gefallen... Jetzt haben wir uns aber nach 230km Kurbel- und Knipserei ein St. George verdient. Und das schöne daran: Es kostet weniger als im Supermarkt in Addis Ababa, die Hälfte von dem was wir bei Wim oder in Lalibela im Hotel bezahlt haben. Um zu duschen können wir ein Zimmer benützen und den Schlüssel gleich behalten. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren!

Mittwoch, 09.03.2011 – Axum

Nach einer ruhigen Nacht ist heute wieder einmal ein typischer Laptop-Tag. Bei einem Kaffee sortieren wir Äthiopien-Bilder aus, bevor wir etwas essen. Obwohl in unserem Reiseführer gleich nebenan eine Bäckerei aufgeführt ist findet Thomas nichts dergleichen. Trotzdem haben wir zum Rührei kleine Brötchen, denn unser Gastgeber verkauft sie uns zu einem günstigen Preis. Wir kommen aber fast nicht dazu zu essen, denn draussen wimmelt es wieder einmal nur so von Vögeln die aus den Pfützen des eben gesprengten Rasens trinken oder darin baden. Darunter sind unter anderen Black-winged Lovebird, Red-cheeked Cordonbleu, Village Indigobird, Cut-throat Finches, Weaver, ein Mousebird und ein seltener Black-billed Barbet. Am Nachmittag kümmern wir uns wohl oder übel etwas um unsere Zukunft, denn wenn wir in wenigen Monaten wieder in der Schweiz sind sollten wir möglichst auch wieder etwas Geld verdienen. Das geht am besten mit einem Job und so werden verschieden Mails geschrieben und ein CV vorbereitet. Damit wir nicht zu sehr abgelenkt werden machen wir einen raschen Znacht: Spaghetti an einer halbscharfen Chakalaka-Sauce. Spät am Abend kommt dann noch ein kleiner Lastwagen, der sich einen halben Meter neben uns stellt, womit wir morgen dann wohl keinen Wecker benötigen. Auch die Bar ist heute abend wesentlich geschäftiger und lauter als gestern abend. Aber irgendwann hindert uns auch das nicht mehr am Schlafen.

Donnerstag, 10.03.2011 – Axum

Die Lastwagenbesatzung weckt uns nicht mit dem frühen Starten des Motors ihres Fahrzeuges, dafür aber mit ausgiebigem Palaver morgens um fünf Uhr. Super, dann können wir wenigstens den Kühlschrank, den wir gestern abend der Nacht zum Abtauen übergeben haben, fertigmachen und wieder einschalten. Wir legen uns wieder hin, aber so richtig guten Schlaf finden wir natürlich nicht mehr, nicht zu letzt, weil die Typen ihren Motor zwischendurch mal vorwärmen müssen. So stehen wir dann halt auf und machen mehr oder weniger dasselbe wie gestern, nämlich an den Laptops sitzen. Allerdings beschäftigt uns heute mehr die Homepage, denn wir wollen endlich Uganda aufschalten, das immerhin schon knapp drei Monate zurückliegt. Hier im Hotel dürfen wir unsere fast leeren Wassertanks auffüllen. Der nette und zuvorkommende Manager meint, dass das überhaupt kein Problem sei, obwohl wir ihm sagen, dass wir viiieel Wasser brauchen. Beim Versorgen der Utensilien merken wir, dass eines der Stauraumschlösser klemmt. Höchste Zeit also für eine ausserplanmässige Schlösserreinigung. Heute hat sich der Himmel im Verlaufe des Tages immer mehr bewölkt und es gibt am späteren Nachmittag sogar etwas Regen. So kommen wir nicht mal auf die Idee, ein Bier zu trinken. Mit dem Abendessen machen wir es uns auch heute einfach: Es gibt Convenience Food aus der Schweiz, eine Hero Buurerösti mit einigen Scheiben Käse überbacken. Nach dem Essen geht es Thomas nicht mehr so gut und er begibt sich fast fluchtartig in die Horizontale. Am Essen kann es aber nicht gelegen haben, denn Isabella sitzt weiterhin munter vor dem Laptop und bringt den Uganda Update bis um Mitternacht unter Dach und Fach.

Freitag, 11.03.2011 – Axum

Thomas ist es am Morgen zwar nicht mehr schlecht, aber die Temperatur von gestern Abend hat sich noch nicht verflüchtigt. Fit fühlt er sich auch nicht und so bleibt er erst mal im Bett. So kann Isabella wenigstens ungestört an ihrem Laptop Mails schreiben, ohne dass Thomas mit diesem oder jenem stört. Auch heute ist das Wetter eher durchzogen, am Nachmittag gibt es wieder etwas Regen. Der Znacht ist schnell zubereitet, etwas Reis mit Sojasauce ist für Thomas gerade das Richtige.

Samstag, 12.03.2011 – Axum

Etwas Ruhe tut immer gut, darum geht es Thomas heute morgen schon wieder besser. Wir stehen also nicht zu spät auf, essen Zmorge und schnüren dann unsere Schuhe. Am Samstag ist in Axum grosser Markt und den wollen wir uns ansehen. Ausserdem hätten wieder etwas Gemüse und Früchte in unserem Kühlschrank Platz. Der Markt ist nicht sehr weit entfernt, wir müssen einfach den Eseln und Kamelen folgen um ihn zu finden. In den und um die Hallen herum herrscht schon reger Betrieb und wir schauen uns um, was wir kaufen könnten. Bei den Tomaten lassen wir uns von der Verkäuferin noch über den Tisch ziehen, aber als sie auch bei den Zwiebeln einen Faranjipreis kassieren will ziehen wir weiter. Die erstehen wir dann bei einem jungen Burschen, zusammen mit schönen, knackigen Karotten. Wir kaufen auch noch etwas Mangold und Knoblauch, der vergleichsweise wieder teuer ist. Als wir unsere Sachen zusammen haben schlendern wir noch etwas über den Markt und entdecken dabei erst die eigentlichen Marktfahrer aus den Dörfern, die am Samstag, dem Tag des “grossen Marktes“ hierherkommen. Meist sind es Frauen, zum Teil mit Kindern, die dicht an dicht in einer Reihe hinter ihren Säckchen mit Getreide-, Mais-, oder anderen Körnern sitzen. Und es gibt viele solcher Reihen, so dass wir ab und zu über die zu verkaufenden Güter steigen müssen. In einer Ecke des Areals gibt es einen eigentlichen Esel- und Kamelparkplatz, wobei die Kamele meist in einer eigentümlichen Position sitzen, die uns noch nie aufgefallen ist. Es ist ein richtig schöner Markt und nichts davon auf Touristen zugeschnitten. Wir begegnen nur einem weiteren Weissnasenpaar und keinem einzigen Souvenirverkäufer. Klar versucht uns ab und zu ein Junge eine “antike“ Münze anzudrehen, aber das bleibt harmlos. Wir organisieren noch etwas Bargeld und sehen auf dem Rückweg zum Hotel in einem Laden ein Tonic-Getränk. So etwas suchen wir eigentlich schon seit längerer Zeit, aber der Verkäufer will für eine Halbliterflasche 14 Birr, fast doppelt so viel wie ein Bier kostet. Im nächsten Laden sollen wir sogar 20 Birr bezahlen und lassen es darum sein. Zurück im Kaleb Hotel fragen wir den Manager erfolglos, ob er das Getränk auch führe. Der schickt aber sofort einen Angestellten aus, der uns eine Flasche zum Probieren besorgt, zu 11 Birr notabene. Wir nützen den Nachmittag um wieder einmal etwas zu putzen. Draussen kommen die Solarpaneele und die Fenster dran, und drinnen die Fenster und der Fussboden. Nach drei Tagen eher magerer Kost wollen wir heute wieder etwas rechtes kochen. Der auf dem Markt gekaufte Mangold soll zusammen mit den Landjägern des Schweizer Metzgers in Addis zu einem Capuns werden, für das wir schon mal den Teig bereiten. Für unser Bier müssen wir heute den Faserpelz montieren, denn am Nachmittag haben immer mehr Wolken den Himmel überzogen und es hat einmal mehr zünftig abkühlende Schauer gegeben. Da kommt, neben der warmen Dusche, das deftige Bündner-Gericht aus den Bergen gerade richtig um Herz und Seele zu erwärmen.

Sonntag, 13.03.2011 – Axum

Eigentlich wollten wir heute ja weiterfahren, aber Thomas meldet forfait an. Er hat wieder leichte Temperatur und, was schlimmer ist, üblen Durchfall. Er vermutet, dass das vom Tee herrühren muss, den er gestern in einem Restaurant nach dem Marktbesuch getrunken hat. So bleibt er bei Tee im Bett, ausser wenn er gerade wieder einen Gang zum WC in unserem Zimmer absolviert. Im Verlaufe des Tages bessert sich der Zustand seines Verdauungstraktes immerhin so weit, dass der getrunkene Tee wieder zu Urin wird. Isabella beschäftigt sich derweil mit der gar nicht einfachen Aufgabe einen Lebenslauf, heute CV genannt, zu schreiben, vor allem da die meisten dazu benötigten Informationen in der Schweiz in einem Kellerabteil liegen. Na ja, als wir vor gut drei Jahren losgefahren sind, haben uns eben andere Sachen als wieder einen Job zu finden beschäftigt. Beim Nachtessen ist Thomas immerhin wieder dabei, denn Reis ist nicht das Schlechteste bei Durchfall. Dazu gibt es das spezielle, in Malawi von Isabella kreierte Gemüse aus Grünzeug, in diesem Fall Mangold und Tomaten. Während Isabella etwas Wein geniessen kann, schlürft Thomas eine Cola. Ein seltener Anblick und ein sicheres Zeichen, dass mit ihm etwas nicht stimmt.

Montag, 14.03.2011 – Axum

Am Morgen versucht uns einmal mehr einer der Chauffeure mit sinnlosem Motor warmlaufenlassen zu vergasen, bis es Isabella reicht und sie rausgeht um den Blödsinn zu stoppen. Sonst aber wird es langsam langweilig, denn Thomas’ Zustand ist unverändert. So hängen wir auch heute hier fest und müssen uns langsam Gedanken über unseren Zeitplan machen, denn die verbleibenden Tage bis zum letztmöglichen Einreisetermin in den Sudan schmelzen nur so dahin. Etwas zu essen gibt es natürlich trotzdem, auch wenn nun die gesamte Arbeit in der Küche, inklusive Abwasch, bei Isabella hängen bleibt. Sie brät die Spätzli von vorgestern und macht dazu eine feine Pilzrahmsauce. Fast wie ein Geschnetzeltes, einfach ohne Geschnetzeltes...

Dienstag, 15.03.2011 – Axum

So, immerhin ist Thomas’ Temperatur auf normale Werte zurückgesunken. Isabella verschreibt ihm aber noch einen Rekonvaleszenztag, den er immerhin ausserhalb des Bettes verbringen darf. Heute ist der Himmel von Beginn weg grau und es bleibt kühl. Nach einer Woche ist der Stand unserer Aufbaubatterien dank der Solarpaneele auf dem Dach zwar noch ganz passabel, ein komplettes Nachladen täte ihnen aber ganz gut. So fragen wir den Chef des Hotels, ob wir uns ans Stromnetz hängen dürfen. Der gewährt uns den Wunsch selbstredend sofort. Während Thomas noch etwas den Rekonvaleszenzbonus forciert und vor Isabellas(!) Laptop sitzt, ist sie bereits schwer im Innendienst beschäftigt. Immerhin rafft sich Thomas dann auf, den Abwasch des Frühstücks zu übernehmen. Gestärkt mit einer gewöhnungsbedürftigen Tomatensuppe aus Südafrika (auch wenn Knorr draufsteht ist nicht zwingend Qualität drin...) macht sich Thomas auf, einen Coiffeur zu finden. Bei der “Gorgeous Barbery“ an der Hauptstrasse ist er richtig, hier lässt er sich den Schnitt Nummer 6 verpassen. Der Meister, der extra seine Seidenbluse überstreift, und der als einer der wenigen bisher seine Arbeitsgeräte vor dem Schnitt auch desinfiziert, gibt sich Mühe und bringt nach Isabellas Meinung tatsächlich eine anständige Frisur zustande. Thomas fühlt sich nur schon durch die geringere Kopflast wieder besser. Von der Sonne sehen wir heute nicht viel, aber am Abend entsteht noch eine eigenartige Stimmung, die irgendwie nach Regen riecht. Daraus wird dann aber doch nichts und es bleibt zum ersten Mal seit vier Tagen trocken. Zum Znacht wünscht sich Thomas ein Pilzrisotto, Reis ist schliesslich gut für ihn und wir haben noch angeschnittenen Parmesan im Kühlschrank. Isabella ist zum Schluss des Tages auch ganz happy, denn ihr gelingt es zwei DVDs mit Fotos aus Uganda zu brennen. Das gibt ihr wieder etwas Luft auf ihrem Laptop.

Mittwoch, 16.03.2011 – May Tsemre

Go! Isabella attestiert Thomas Fahrtüchtigkeit und so können wir heute weiterziehen. Zuerst wollen wir uns aber noch die Sehenswürdigkeiten anschauen, für die Axum berühmt ist. Obwohl auch diese Stadt keinen besonders guten Ruf besitzt, können wir ohne belästigt zu werden hinspazieren. In Axum gibt es ziemlich alte Steelen aus dem dritten und vierten Jahrhundert, die im Prinzip überdimensionale Grabsteine von Königen des damaligen Reiches sind. Der grösste von allen liegt zerbrochen am Boden, der zweitgrösste, von Italien einst geraubt, steht seit 2005 wieder hier und der drittgrösste wird von einem Spanset am Kippen gehindert. Es ist nicht wahnsinnig beeindruckend, faszinierender ist die Geschichte dahinter, nämlich dass Axum bereits im sechsten Jahrhundert vor Christus ein bedeutendes Reich war und im vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung zum Christentum konvertierte, womit die orthodoxe äthiopische Kirche gegründet wurde. Auf dem Gelände liegt auch ein interessantes Museum, das für afrikanische Verhältnisse ziemlich gut gemacht ist. Auf dem Rückweg zum Hotel gehen wir nochmals beim Markt vorbei wo wir noch etwas Tomaten kaufen, diesmal zum normalen, gegenüber Samstag halben Preis. Kurz vor ein Uhr fahren wir endlich los. Wir wissen, dass vor uns eine mehr oder weniger unendliche Baustelle liegt, aber schon wenige Kilometer ausserhalb Axum beginnt neuer Teer. Der bleibt uns die ersten sechzig Kilometer bis nach Shire, auch Inda Silase genannt, mit wenigen Ausnahmen erhalten, worüber wir ganz froh sind. Hier kurven wir schon um die ersten Einschnitte in die Hochebene herum, aber wenige Kilometer später beginnt der Abstieg dann doch, denn wir müssen das Tal des Tekeze durchqueren. Die ganze Anlage ist ähnlich wie bei der Blauen Nil-Schlucht, ausser dass hier die Strasse noch nicht fertig, sondern im Bau ist. Man hat das Gefühl, dass die halbe Erde abgetragen wird um eine grosszügige Trasse legen zu können. Wir kurven langsam aber sicher auf 850m hinunter und überqueren den viel Wasser führenden Fluss auf einer Behelfsbrücke. Der Vorgänger liegt einige Dutzend Meter flussabwärts, weggespült. Auf der anderen Seite gilt es die selbe Höhe wieder zurückzugewinnen. Hier ist mit dem Bau der Strasse erst begonnen worden, was heisst, dass wir meist auf der alten Originalpiste über Serpentinen hinaufsteigen. Da passt es doch wunderbar, als wir eine dreiteilige Kamelkarawane überholen. Es wird nun langsam Abend und die Sonne, die nochmals unter den Wolken hervorkommt, taucht die Landschaft in ein tolles Licht. Es gibt aber auch ein paar Tropfen und in der Ferne muss es noch wesentlich stärker regnen, denn wir sehen vor den spitzen Zacken der Simienberge einen kräftigen Regenbogen. Auf einem Gipfel sehen wir tatsächlich auch frischen Schnee, wohl erst das dritte oder vierte Mal seit wir in Afrika sind. Wir fahren bis die Sonne untergeht und kommen gerade an einem Kiesproduktionsplatz der Strassenbauer vorbei, der uns als Schlafplatz dienen könnte. Wir fragen die mit Kalaschnikows bewaffneten Wächter mittels Zeichensprache, ob wir hier parkieren dürfen, was sie uns schliesslich erlauben. Wir benötigen ein paar grosse Steine bis wir einigermassen gerade stehen, aber dann widmen wir uns unserem knurrenden Magen. Für einen solchen Fall ist ein Salat Matmata genau das richtige und wir freuen uns sehr darauf. Das schöne daran ist, dass danach auch schnell wieder aufgeräumt ist. Später am Abend gibt es dann auch noch einige Blitze, Donner und Regentropfen, aber es wird nichts Heftiges daraus.

Donnerstag, 17.03.2011 – Simien Mountains Nationalpark

Wir schlafen gut, sind aber schon vor Anbruch der Dämmerung wach. Das ist gut so, denn auf dem Platz beginnen mit dem allerersten Tageslicht bereits die ersten Arbeiter Sand und Kies zu schaufeln. Wir trinken nur schnell einen Kaffee und schauen, dass wir weiter kommen. Die Guards möchten gerne noch etwas Geld für ihre Dienste und wir wollen ihnen zehn Birr Trinkgeld geben. Der Schein wird aber zurückgewiesen, sie hätten gerne hundert Birr. Wir versuchen via einen Dolmetscher klar zu machen, dass wir in Axum für achtzig Birr in einem Hotel mit Dusche und WC und Bewachung geschlafen haben, und offerieren unser Trinkgeld zu verdoppeln. Aber auch daran haben sie kein Interesse, sie wollen mindesten fünfzig, denn sie sind ja zu viert. Wir haben keine Lust, den Männern den Dreizehnten zu bezahlen und fahren halt los, wenn sie denn das Geld nicht wollen. Wir kommen bald durch die kleine Stadt May Tsemre und dann geht die Berg- und Tal-Fahrt los. Wir fahren in südwestlicher Richtung dem Fusse der Simienberge entlang und durchqueren fünf Flusstäler und überqueren vier Bergrücken mit Höhendifferenzen zwischen zweihundert und fünfhundert Metern. Zwischendurch machen wir noch unseren Frühstückshalt und werden für einmal nicht von Kindern gestört, sondern von einem Vermessungstrupp des Strassenbaus, der gerne seine Arbeit machen möchte und dem Obelix im Wege steht. Die Äthiopier bauen wie die Verrückten und mit schwerstem Geschütz an dieser Strasse. Riesige Bulldozer und starke Bagger bewegen grosse Gesteinsmassen. Ab und zu müssen wir warten, bis eine Planierraupe die Felsbrocken auf der Strasse wieder weggeräumt hat. In Zarima ist die 140km lange Baustelle zu Ende und wir dürfen wieder auf der Originalpiste fahren. Sie ist in ziemlich gutem Zustand und kennt nur noch eine Richtung: Aufwärts! Auf 35km steigen wir um 1’700m in die Höhe und erreichen auf 2’900m den massiven Sockel, zu dem wir gestern und heute meistens hinaufgeschaut haben. Die Piste wurde zu Zeiten der kurzen Besatzung von Äthiopien durch die Italiener gebaut und ist grandios, manchmal atemberaubend angelegt. Bis zu den höchsten Gipfeln der Simien Mountains geht es nochmals rund 1’500m hinauf, aber jetzt erreichen wir erst mal Debark. Hier fahren wir zur Verwaltung des Nationalparks, in dem ein Teil des Gebietes der Berge liegt. Wie befürchtet kommen wir nicht darum herum einen Scout, einen bewaffneten Begleiter mitzunehmen. Isabella ist gar nicht glücklich, aber für einmal behält sie ihren Sitz und der Mitfahrer muss in der Mitte in den Durchgang sitzen. Irgendwie fühlen wir uns in diesem Park etwas abgezockt, denn obwohl wir nur eine Nacht drinnen bleiben, müssen wir fast doppelt soviel wie in den Bale Mountains bezahlen. Das liegt in erster Linie daran, dass hier ein Eintritt nicht vierundzwanzig Stunden gültig ist, sondern jeder Kalendertag bezahlt werden muss. Wenn der resultierende Betrag höher gewesen wäre, hätten wir den Park wohl sausen lassen. So steuern wir aber munter durch ein schlechtes, enges Strässchen im Ort, das zum Park führt. Nach einigen Kilometern kommt das Parktor, aber interessanterweise sehen die Felder nach dem Tor noch genau so aus wie vorher. Menschen sind unterwegs, meist mit ihren Tieren, halt so wie immer. Ab und zu kommen wir an einem kleine Weiler vorbei in dem die Kinder betteln, auch so wie immer. Warum bezahlen wir hier eigentlich Eintritt? Immerhin treffen wir nach einer Weile auf einen grossen Trupp von “Alpenpavianen“, besser gesagt Gelada-Pavianen, einer Affenart die es nur in Äthiopien gibt und die sich durch ein rotes Herz auf der Brust auszeichnen. Natürlich sind wir nach kurzer Zeit von Kindern umringt und zwei Frauen wollen uns irgendwelche Souvenirs verkaufen. Nationalpark? Auf der Fahrt haben wir immer wieder tolle Blicke über die vielleicht 1’000m abfallenden Kliffe hinunter in die 2’000m tiefer liegenden Täler des Vorlandes dieses Gebirges, in dem wir heute Vormittag noch unterwegs waren. Kurz bevor wir den Campingplatz in Sankaber erreichen sichten wir noch zwei Klippspringer, eine kleine Antilopenart, die wir auch schon länger nicht mehr gesehen haben. Das Camp liegt auf 3’250m über Meer und wird voraussichtlich unser höchstgelegenes Camp in Afrika bleiben. Wir können uns schön an den Rand eines kleinen Plateaus stellen und haben wieder einmal eine wunderbare Aussicht auf Berge und Täler. Unser Scout, der kein einziges Wort Englisch spricht, verzieht sich nach dem Eindunkeln an ein geschütztes Plätzchen. Wir backen uns eine Pizza, denn hier oben ist es ziemlich kühl, da kann man den Ofen getrost mal anwerfen.

Freitag, 18.03.2011 – Gonder

Wir schlafen trotz der Höhe ganz gut, sind aber schon auf den Beinen als unser Scout wieder auftaucht. Wir genehmigen uns erst einmal einen Kaffee und geben unserem Bewacher zwei Chacheli heissen Tee mit viel Zucker, die er gerne entgegennimmt um sich etwas aufzuwärmen. Draussen sehen wir schon bald die ersten zwei Lämmergeier, den Hangaufwind ausnützend. Nach dem Frühstück machen wir einen kurzen Spaziergang in die Umgebung mit dem Scout im Schlepptau. Wir möchten gerne die Lämmergeier noch etwas mit unserem Feldstecher bestaunen, aber leider sind sie schon weitergezogen. Dafür kreisen nun ein paar “gewöhnliche“ Geier im Aufwind. Schliesslich machen wir uns mit Obelix auf den Rückweg nach Debark. Unterwegs treffen wir wieder auf mehrere Trupps von Gelada-Pavianen. Sie sind offensichtlich an Menschen gewöhnt, denn wir können uns mitten auf die Wiese setzen in der sie mit ihren feinen Pfoten das kurze Gras rupfen um es zu futtern. Ohne Scheu ziehen sie grasend im Meterabstand vorbei und so können wir auch das eine oder andere Affenbaby von nahe bestaunen. Auf dem weiteren Weg stoppen wir immer wieder um Fotos der Landschaft zu schiessen und so wird es halb ein Uhr bis wir den Scout in Debark absetzen. Wir versuchen Brötchen zu kaufen, doch zuerst will man uns zweimal den Faranji-Preis von 2 Birr pro Stück abluchsen, bevor wir einen Ladenbesitzer finden, der sie uns für den üblichen Preis von 1 Birr verkauft. Bis nach Gonder sind es nur 100km, aber als wir schon bald auf eine miserable Baustellenpiste geraten wird uns klar, dass es durchaus 18 Uhr werden könnte, bis wir dort eintreffen. Unterwegs kreuzt uns ein Minibüsschen mit estnischen Nummernschildern. Wir stoppen und halten ein kleines Schwätzchen mit dem Fahrer und seinem ungarischen Begleiter über woher und wohin. Leider zerstören sie unsere Hoffnung, dass wir bis nach Gonder vielleicht noch in den Genuss der fertigen Strasse kommen könnten. Sie haben ihre Heckscheibe mit Karton abgeklebt um sie gegen Steinwürfe zu schützen. Das ist nicht ohne Grund wie wir schon kurz darauf feststellen dürfen, denn hier sind die Kinder am Pistenrand besonders schiesswütig. Teilweise bücken sie sich schon nach grossen Steinen bevor wir an ihnen vorbeigefahren sind. So kommt Thomas heute zu viel Lauftraining im äthiopischen Hochland, womit dann die Basis für den nächsten Marathon bereits gelegt ist. Dreimal rennt er Bengeln nach, Buben und Mädchen, und alle drei erwischt er zu deren Elend. So wird die Fahrt ganz und gar kein Genuss. Erstens ist die Piste ein Graus, zweitens ist die Landschaft nichts besonderes und drittens ist es mit den Kindern am Strassenrand einfach stressig. Etwas angenehmer wird es erst kurz vor Gonder, als die Kinder wieder friedlich sind und wir im schönen Abendlicht von 2’700m in die auf 2’200m gelegene Stadt hinunterfahren. Hier steuern wir zuerst das schön über der Stadt gelegene Goha Hotel an, aber auch hier wollen sie mit 26 US$ viel zu viel fürs Campieren. So fahren wir in die Stadt hinein zur im Zentrum gelegenen und unter Reisenden wie uns beliebten Beleguez Pension. Deren Innenhof scheint uns aber etwas gar eng und wir haben keine Lust als Ausstellungsobjekt herzuhalten. Eine Strassenschlaufe weiter steht das Tarar Hotel wo es etwas mehr Platz gibt und eine Übernachtung auch nur 60 Birr kostet. Dafür gibt es dann halt nur kalte Duschen, aber das ist uns heute abend egal. Nach dem langen, aufregenden und anstrengenden Tag gibt es jetzt erst einmal Sprudel, schliesslich ist heute der 18. März. Dann versuchen wir uns auch mit dem Kochen noch etwas Mühe zu geben und so gibt es gebratene Kartoffeln und Wienerli, wobei die würzigen Wienerli vom Schweizer Metzger in Addis stammen. Dazu kommt ein feiner Tomatensalat und wir sind wieder glücklich und zufrieden. Viel braucht es ja nicht...

Samstag, 19.03.2011 – Gonder

Ab halb fünf Uhr ist es vorbei mit der Nachtruhe. Durch Lautsprecher scheppert Singsang von mehreren Kirchen durch die Stadt. Es gibt wirklich Schöneres, zum Beispiel gesunden Schlaf. Doch davon finden wir nur noch spärlich etwas und erst, nachdem Isabella entnervt alle Fenster geschlossen hat. Als wir um acht Uhr aufstehen haben wir wirklich einen Kaffee nötig. Wenigstens ist der Himmel wieder makellos blau. Idefix verliert einmal mehr Gewicht, so dass eine weitere Notoperation angesagt ist. Isabella ist ja zum Glück geübt im Umgang mit Nadel und Faden. Nach dem gemütlichen Zmorge machen wir uns bereit für etwas Sightseeing. Gonder war im 17. und 18. Jahrhundert die Hauptstadt des abessinischen Reiches und aus dieser Zeit sind im Zentrum der Stadt einige Paläste der damaligen Herrscher recht gut erhalten. Das sogenannte “Royal Enclosure“, das von einer Mauer umgeben ist, liegt gleich neben unserem Hotel, wobei wir bis zum Eingang die Hälfte des doch recht grossen Geländes umrunden müssen. Der Eintrittspreis hat sich gegenüber den Angaben in unserem relativ aktuellen Reisesführer auf 100 Birr pro Person verdoppelt. Immerhin gibt es dafür einiges zu sehen. Auf dem Areal stehen 6 Schlösser von verschiedenen Herrschern dieser Zeit und etwas weniger zu erwartend einige Löwenkäfige, in denen bis vor knapp zwanzig Jahren die dunkelmähnigen Wappentiere der Könige von Äthiopien gehalten wurden. Wir verbringen knapp zwei Stunden im Areal und finden es etwas schade, dass wir nicht auf den Aussichtsturm von Fasilidas’ Schloss klettern können, denn von dort soll man an einem klaren Tag den Tanasee sehen können. Inzwischen ist Mittag längst vorbei und wir könnten eine Stärkung vertragen. Wir steuern das “Habesha Kitfo“ an, das unser Reiseführer für lokale Gerichte empfiehlt. Wir würden gerne noch einmal Tibs essen, aber es findet sich leider nicht auf der Karte. So bestellen wir ein Shiro Tegabino, das eine gut gewürzte Bohnenpaste ist, die natürlich auf dem obligaten Injera serviert wird. Wir vermögen knapp die Hälfte wegzuputzen und machen für einmal, was wir sonst eigentlich nie machen: Wir packen uns den Rest ein. Das wird uns die würzige Basis für unser heutiges Nachtessen sein. Anschliessend schnappen wir uns ein Dreiradtaxi und fahren zum Bad des Fasilidas, das am Stadtrand von Gonder liegt. Es ist ein riesiger Pool in dem ein kleines Schlösschen steht, das Fasilidas, dem Gründer von Gonder, als Zweitwohnsitz gedient haben soll. Von dort fahren wir wiederum mit einem Taxi zum Markt, denn wir wollen noch einige Frischwaren einkaufen. Wir sind recht erfolgreich und bekommen schlussendlich alles zu ganz vernünftigen Preisen. Den Rückweg zu unserem Hotel nehmen wir zu Fuss in Angriff, genehmigen uns unterwegs noch einen Kaffee und kommen am Markt für getrocknete Chilischoten vorbei. Die Dinger müssen so scharf sein, dass es unsere Atemwege reizt und Isabella öfters niesen muss. Trotzdem: Isabella gefällts und sie ist nach dem schwierigen Tagesbeginn mit den Äthiopiern wieder etwas versöhnt. Zurück im Hotel nehmen wir endlich die längst fällige Dusche in Angriff. Das ist hier ein bisschen eine Herausforderung, denn auf 2’200m über Meer ist eine kalte Dusche nicht unbedingt das, was man sich wünscht. Wir bringen es mit Würde hinter uns. Danach können wir uns ein Bier im schönen Garten des Hotels zuerst gar nicht vorstellen, aber nach einigen Minuten fühlt sich die Welt schon wieder viel wärmer an. Als wir bei unserem Bier sitzen fliegt uns noch ein Turaco durchs Gesichtsfeld und gemäss unserem Vogelbuch kann das nur ein White-cheeked Turaco gewesen sein, eine Äthiopien-endemische Turaco-Art. Überhaupt haben wir heute den einen oder anderen endemischen Vogel angetroffen: White-collared Pigeon und Ethiopian Oriole und ausserdem die einzige Taube mit einem gelben Bauch, die im Sahelgürtel heimische Bruce’s Green Pigeon. Aus dem Shiro Tegabino machen wir mit einigen der auf dem Markt gekauften Tomaten einen rassigen, vegetarischen Sugo, den wir mit Makkaroni vermischen. Noch etwas Tomatensalat dazu und wir sind glücklich und zufrieden.

Sonntag, 20.03.2011 – Gorgora

Nicht schon wieder! Der Lärm aus den Kirchen hatte schon um Mitternacht begonnen, und ab fünf Uhr ist an Schlaf fast nicht mehr zu denken. Ist Schlafentzug nicht eine Folter? In diesem Falle wäre es angesichts der Wichtigkeit der orthodoxen Kirche in Äthiopien dann eine halbstaatliche Folter. Bevor wir heute weiterfahren wollen wir uns noch die für ihre Fresken berühmte Kirche Debre Birhan Selassie ansehen, wofür wir uns nach dem Frühstück bereitmachen. Der Weg dorthin ist weiter als wir gedacht haben, wir finden die Kirche aber schliesslich doch. Tatsächlich sind die Wände der Kirche vom Boden bis zur Decke mit gut erhaltenen oder restaurierten Fresken bemalt. Sogar von der Decke leuchten die Gesichter von ein paar Dutzend Engeln. Als wir um viertel vor zwölf aus der Kirche treten um unsere Schuhe wieder anzuziehen schliesst der Priester bereits das Kirchenportal. Das muss wohl ein Bruder des Priesters der St. Giyorgis Kirche in Lalibela sein, der ebenfalls vorzeitig in den Mittag abgeschlichen war. Auf dem Rückweg zu Obelix versuchen wir erfolglos unseren Vorrat an äthiopischem Kaffee etwas aufzustocken. Für eine Stadt von der Grösse Gonders, immerhin die viertgrösste im Land, ist das Angebot an Einkaufsmöglichkeiten aber enttäuschend. So machen wir uns ohne Kaffee auf den Weg zu unserem letzten Ziel in Äthiopien, Gorgora am Lake Tana. Unterwegs in Azezo finden wir dann doch noch Kaffee, aber sonst verläuft der Weg dorthin ereignislos, auch die Landschaft ist nicht sonderlich spannend. Dafür ist die Piste in meist sehr gutem Zustand, so dass wir schneller als gedacht dort ankommen. Hier hat ein junges holländisches Paar einen Campingplatz aufgezogen, der nun so etwas wie ein Traveller-Treffpunkt geworden ist. So treffen wir hier wieder auf das französische Paar mit ihrem Iveco, das wir bereits am Lake Langano und in Addis getroffen hatten und das eigentlich in den Jemen wollte. Ausserdem steht schon ein MAN auf dem unebenen Gelände, mit dem ein deutsch-griechisches Ehepaar die selbe Runde durch Afrika wie wir dreht. Ein deutscher Land Cruiser komplettiert die Reisendenversammlung und zufälligerweise sind wir alle auf dem Weg in den Norden. Natürlich müssen auch wir basteln, damit wir einigermassen eben stehen und auf einem so hohen Stein ist Obelix wohl noch nie gestanden. Heute gibt es hier ein Barbecue und so halten wir uns ans gegrillte Fleisch, zu dem es Kartoffelsalat gibt. Nach dem Essen plaudern wir noch etwas mit den Franzosen, wobei sich die Frau als waschechte Britin entpuppt. Es wird nicht allzu spät, denn dafür haben wir die letzten zwei Nächte eindeutig zu wenig geschlafen.

Montag, 21.03.2011 – Gorgora

Oh, ist das schön bis um acht Uhr zu schlafen mit nichts als Ruhe rundherum! Schon bald brechen der MAN und der Land Cruiser Richtung Sudan auf. Vielleicht werden wir sie in Khartoum ja wieder einholen. Wir trinken erst mal einen Kaffee und wollen uns anschliessend unserem heutigen Hauptgeschäft widmen: Waschen. Fliessendes Wasser gibt es auf dem Platz, warum auch immer, keines und so müssen wir es direkt aus dem See holen. Doch als wir die Stelle am Ufer inspizieren verlieren wir etwas die Lust an unserer Aufgabe, denn wir haben das Gefühl, dass unsere Wäsche nachher eher dreckiger sein wird. Statt dessen plaudert Isabella etwas mit der englischen Französin und Thomas hat noch einige Tagesberichte zu überarbeiten. Nachdem wir das Waschen auch offiziell vertagt haben setzen wir uns beide an die Laptops um etwas daran zu arbeiten. Doch plötzlich liefert unser Wechselrichter, der uns mit 220V aus den Batterien versorgt, nur noch die halbe Spannung und Thomas findet, dass es komisch verbrannt riecht. Eine nähere Inspektion am Gerät zeigt, dass es gleich nach dem Einschalten funkt und knistert, und nach dem Aufschrauben des Gehäuses findet Thomas ein kleines Teil das verbraten ist. Scheibe! Damit ist die 220V Versorgung unseres MGD Geschichte, ausser wenn wir uns direkt ans Netz hängen können. Das heisst auch, und was schwer wiegt, dass wir unsere Kameraakkus nur noch mit Landstrom laden können. Da werden wir als Zwischenlösung in Khartoum wohl einen kleinen Konverter auftreiben müssen, denn eine Reparatur oder ein Ersatz dürfte bis nach Europa nur schwer aufzutreiben sein. Zum Glück können wir wenigstens unsere Laptops direkt aus der 12V Steckdose versorgen. Der von Isabella aber auch nur, nachdem sie in ihrer Verzweiflung den defekten, eigentlich unreparierbaren Dell-Stecker neu verdrahtet und zusammengeklebt hat. Als wir unsere Bastelarbeiten beendet und alles Material versorgt haben ist es bereits mitten am Nachmittag und wir haben noch keinen Bissen gegessen. Das holen wir nach, in dem wir uns die restlichen drei Wienerli vom Schweizer Metzger in Addis wärmen und sie mit Senf und Brot draussen essen. Für heute haben wir genug gearbeitet und nehmen nach einem kleinen Ausflug zusammen mit den tollenden Hunden des Camps hinunter zum See gemütlich draussen noch einen Kaffee mit einigen Guetzli. Es gibt heute einige Neuankömmlinge. Da sind einmal der Engländer und die Australierin denen wir seit Lake Bunyonyi in Uganda immer mal wieder über den Weg laufen. Und aus dem Norden kommt ein deutsches Paar das froh ist, hier den hohen Temperaturen des Sudans entkommen zu sein. Später gehen wir auf ein Bier ins Restaurant, wo wir fast alle zusammensitzen. Heute essen wir aber zu Hause und verabschieden uns deshalb schon bald wieder. Wir kochen ein Gemüsecurry der Variante “Nyakahura“ bevor wir uns auf die nächste ruhige Nacht freuen.

Dienstag, 22.03.2011 – Gorgora

Nach einer ruhigen Nacht und einem Kaffee geben wir uns nochmals einen Schupf und begutachten die Wasserqualität des Sees heute morgen. Sie scheint einiges besser zu sein als gestern und darum legen wir uns ohne Verzug ins Zeug. Wir waschen mehr als wir uns unter diesen Umständen eigentlich vorgenommen haben und es wird früher Nachmittag bis das alles gewaschen ist. Jetzt ist es aber Zeit für eine Stärkung und wir verspeisen einige Brötchen, die Isabella mit Leberwurst bestrichen und mit Scheiben von gekochten Eiern belegt hat. Als dann alles weg- und aufgeräumt ist und auch wir frisch geduscht sind, dürfen wir uns schon ein erstes Bier gönnen. Die paar Regentropfen, die vom Himmel fallen sind uns Wurst, denn wir haben unsere Wäsche trocken eingefahren. Für den geselligen Teil begeben wir uns wieder zum Restaurant hinauf, wobei wir diesmal aber nur Jenny und Jean-Claude, das Paar aus Frankreich am Tisch haben. Nach dem späten und ausgiebigen Imbiss kochen wir uns heute abend nur noch ein Süppchen und verspeisen danach noch die Hälfte einer perfekt reifen Papaya. So eine leckere Frucht hatten wir schon lange nicht mehr auf dem Teller.

Mittwoch, 23.03.2011 – Gallabat

Unser letzter Tag in Äthiopien beginnt mit einer weiteren Nacht guten Schlafes. Als wir aufstehen sind die Franzosen schon weg, nur um kurze Zeit später wieder zurückzukommen. Ihr Motor macht Probleme, er hat auf den ersten fünf Kilometern dreimal abgestellt. So werden wir wahrscheinlich noch vor ihnen in den Sudan einreisen. Wir bezahlen unsere Rechnung, plaudern noch kurz mit den anderen Campern und machen uns dann auf den Weg. Zuerst geht es die gleiche Piste zurück bis nach Azezo wenige Kilometer vor Gonder. Hier kaufen wir noch einmal einige der feinen äthiopischen Brötchen und versuchen den grösseren Teil unserer restlichen Birr an einer Tankstelle gegen Diesel einzutauschen. Allerdings trauen wir der Sache nicht, denn die Tanksäule, aus der Diesel fliessen soll, ist mit “Unleaded“, also “bleifrei“ angeschrieben. Wir fahren lieber noch einige Kilometer Richtung Gonder, wo wir eine vertrauenswürdigere Tankstelle finden. Wieder in Azezo kauft Isabella noch Tomaten und Bananen und es ist gegen halb zwei Uhr bis wir die restlichen 190km Teer bis zur Grenze in Angriff nehmen. Die Strasse ist ziemlich neu, wenn auch manchmal etwas holprig. Aber wir kommen gut voran und die Leute, ob Erwachsene oder Kinder, zeigen sich von ihrer freundlichsten Seite. Und die gute Laune die das bei uns hervorruft lassen wir uns auch von einem kleinen, harmlosen Steinewerfer nicht verderben. Für eine Weile bleiben wir noch in der Höhe, aber kaum verlieren wir einige hundert Meter klettert das Thermometer schon deutlich über 30 Grad. Schliesslich führen uns ein paar Kehren in immer tiefere Gefilde und zu immer höheren Temperaturen. Es wird immer flacher und die Strasse damit immer gerader. Bei der dadurch ermöglichten höheren Geschwindigkeit müssen wir dafür um so mehr aufpassen, denn immer wieder latschen Rindviecher über die Strasse oder Esel stehen dort wie angeklebt. Kurz nach fünf Uhr erreichen wir die Grenze bei Metema und beginnen mit den üblichen Formalitäten. Wir haben es nicht eilig, denn eigentlich wollen wir nach der Ausreise aus Äthiopien hier übernachten und erst morgen in den Sudan einreisen. Als wir Zoll und Immigration hinter uns gebracht haben erkundigen wir uns, ob wir über Nacht parkieren dürfen, doch offensichtlich wollen uns die Äthiopier nun auch nicht mehr haben. So fahren wir halt über die kleine Brücke, die über den trockenen Grenzfluss führt und kommen zur sudanesischen Immigration.

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